Leningrad Cowboys Go America
Finnland 1989, FSK 12
Regie: Aki Kaurismäki
Darsteller: Heikki Keskinen, Kari Väänänen, Matti Pellonpää, Mauri Sumén, Pimme Korhonen, Puka Oinonen, Sakari Kuosmanen, Sakke Järvenpää, Silu Seppälä
“Go to America. Over there, they swallow any crap.”
Matt513 (266), 30.04.2013
Folgende wichtige Erkenntnisse vermittelt dieser Film: Sei duldsam. Woanders ist auch scheiße. Genieß die Aussicht. Denk an die Lieben daheim. Eine rohe Zwiebel lindert den gröbsten Hunger. 'Ist schon OK, wenn Dein Tourmanager das saftige Steak einem kleinen Hündchen gibt. Sei also duldsam. Ertrag die Erniedrigungen. Bewahr Dir Deine Attitüde. Die richtige Frisur sowie das dazu passende Schuhwerk helfen dabei. Sei bescheiden (duldsam sowieso). Und lern den Rock `n Roll.
Kaurismäki persifliert die Themen Armut und Auswanderung aus seinen früheren Filmen mit einem schrägen Roadmovie über die sibirische Polka-Kapelle, die auszog, Amerika zu erobern. Dieses Amerika mit seinen glitzernden Skylines, so wie's sich die Leningrad Cowboys anfangs vorgestellt haben mögen, ist jedoch nur mehr eine vage Vision am abendlichen Horizont, so nah und doch stets unerreichbar. Bei näherem Betrachten stellt sich heraus, daß es sich gehäutet und längst aus dem Staub gemacht hat. Die rostenden Industrieanlagen, die schrottigen Gebrauchtwagen, die verfallenden Häuser in den halbverlassenen Nestern, durch die die Reise führt - sie wirken wie zurückgelassene Hüllen derer, die es sich leisten konnten woanders hinzuziehen; nun bevölkert von den Außenseitern, Dableibern und Alten. Das ist sie, die (vormals) größte Volkswirtschaft der Welt in Nahaufnahme.
Unsere Helden wandeln auf den musikalischen Trampelpfaden von der Ostküste quer durch den alten Süden bis nach Mexiko, was sich im Repertoire der gespielten Gigs niederschlägt. Dabei werden bedeutsame Orte (wie die legendäre CBGB-Bar in New York) und lokale Musikgrößen mit Cameo-Auftritten geehrt.
Weiterhin kaum überraschend, daß ausgerechnet Jim Jarmusch in einer kleinen Rolle zu sehen ist. Stilistisch gesehen bzw. vom lakonischen Grundton her sind seine Filme Taufpaten dieses Streifens. Das eine oder andere Déjà-vu - der Tod, der Caddi als Leichenwagen, die Verhaftung, der Knast, der Sumpf, von den Lokationen wie oben beschrieben ganz zu schweigen - Down by Law läßt grüßen. LCGA ist gleichsam Hommage und Parodie des Jarmusch-Stils. Dabei gelingen Kaurismäki verblüffende Einsprengsel. Mal meint man den anarchischen Unfug von Stan und Olli zu erkennen; und wenn die stacheligen Cowboys ihren steifgefrorenen Bassisten über ein winterliches Feld karren oder später den Dorftrottel mit Knüppeln verjagen, dann hat das ein bißchen was von den Prozessionen eines Pieter Bruegel d. Ä. oder den gemalten Albträumen eines Hieronymus Bosch.
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
Was läuft im Kino?
Über die Programmierkunst echter und gespielter Helden – Vorspann 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
Bären für NRW-Filme?
21. NRW-Empfang im Rahmen der 74. Berlinale – Foyer 02/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
Prognose: Lachstürme
Die Komödie findet endlich ins Kino zurück – Vorspann 02/24
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24