Der rote Kakadu
Deutschland 2005, Laufzeit: 128 Min., FSK 12
Regie: Dominik Graf
Darsteller: Max Riemelt, Jessica Schwarz, Ronald Zehrfeld, Tanja Schleiff, Ingeborg Westphal, Peter Schneider, Kathrin Angerer, Devid Striesow, Heiko Senst, Klaus Manchen
Siggi (Max Riemelt, "Napola") verliebt sich auf Anhieb. Doch Luise (Jessica Schwarz) ist mit Wolle (Ronald Zehrfeld) verheiratet, der keinen Sinn für Kreativität und Treue hat, bei dem sich Luise aber geborgen fühlt. Siggi nähert sich mit seinem zeichnerischen Talent ihrer Dichtkunst und überlegt, die DDR zu verlassen. Luise hingegen verteidigt den Sozialismus als gerechteres System. Sie trifft sich mit weiteren Freigeistern im Tanzlokal "Roter Kakadu", in dem amerikanisch getanzt und freizügig geliebt wird, bis die Partei zunehmend Anstoß daran nimmt. Beschwingt und rebellisch eröffnet Dominik Graf seinen filmischen Countdown zum Mauerbau. Seine Protagonisten amüsieren sich betrunken über Onanie mit Spreewaldgurken, das Lauschen von Vinyl aus dem Westen ist ein Kavaliersdelikt, die Sputnik fliegt ins All und erlaubt, dass man sich, wie Luise, für die sozialistische Idee begeistert: "Ich denke, wir haben die Voraussetzungen, das bessere Land zu sein." Graf spiegelt eine Zeit, in der der Sozialismus gerade erst real existierte und noch Platz für Träume ließ. Doch dann vergeht den Rebellen das Lachen schnell. Plötzlich raubt das System Illusionen, Freundschaften und Vertrauen. Der Regisseur betrachtet den Wandel speziell über die Konsequenzen für die Kunst. Der Westler Heinrich Böll, das "Gewissen seines Landes", wird dabei zur Idealfigur sowohl für Siggi als auch für Luise. Anhand der Musik reflektiert Graf Kunst als Lebensgefühl, aber auch ihre Formbarkeit durch einen totalitären Staat. Ein Problem für alle Nonkonformisten: Luise darf ihre Gedichte nicht veröffentlichen, weil die der Partei zu dekadent sind, und Siggis Zukunft am Theater steht und fällt mit den Launen der Parteimitglieder. Den Roten Kakadu gab es wirklich. Seine Bestandsaufnahme eines Volkes vor der endgültigen Wende zum Sozialismus verpackt Graf in eine romantische, packende Geschichte über junge Leute, die gerade erwachsen werden und Entscheidungen treffen müssen, ohne die Konsequenzen einschätzen zu können.
(Hartmut Ernst)
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