
Der junge Karl Marx
Frankreich, Deutschland, Belgien 2016, Laufzeit: 118 Min., FSK 6
Regie: Raoul Peck
Darsteller: August Diehl, Stefan Konarske, Vicky Krieps
>> www.der-junge-karl-marx.de/
Historiendrama
Ein unmöglicher Kerl
„Der junge Karl Marx“ von Raoul Peck
Interview mit dem Darsteller Stefan Konarske
Köln, im Jahre 1843. Der 25 Jahre junge Karl Marx (August Diehl) wettert in der just polizeilich gestürmten Redaktion der Rheinischen Zeitung gegen die Kollegen und bezichtigt sie der Selbstzensur und Heuchelei. Ein Jahr später ist Marx mit seiner Gattin Jenny (Vicky Krieps) nach Paris emigriert, wo er an der Seite des Soziologen Pierre Proudhon gegen die Ausbeutung des Proletariats protestiert. Auch hier legt sich Marx mit den eigenen Mitstreitern an, wirft ihnen vor, ihren Protest mit Abstraktion und Verallgemeinerung zu füllen und nicht die Sprache derer zu sprechen, für die sie eintreten. Und überhaupt: Marx will die Welt verändern und nicht bloß immer nur vergeistert interpretieren, wie die Philosophen seiner Zeit! Marx eckt an, ein kämpferischer Kopf, ehern, brillant und chronisch pleite. „Ein unmöglicher Kerl“, sagt Friedrich Engels (Stefan Konarske), den Marx wiederum als „Amateur mit Goldknöpfen“ hänselt. Denn Engels ist Sohn eines Fabrikbesitzers, ein Kind der Bourgeoisie. Tatsächlich aber sind die beiden seelenverwandt. Denn Engels kritisiert nicht bloß die menschenverachtende Firmenpolitik seines Vaters, ihm gelingt es auch, das Vertrauen der Fabrikarbeiter zu erlangen, er lernt, zu verstehen, was sie denken, ihre Sprache zu sprechen. Derlei wertvolle Einblicke nach ganz unten fehlen Marx noch für seine Arbeit, aus gegenseitigem Spott erwächst freundschaftlicher Respekt und gemeinsamer politischer Kampf, auf dessen Höhepunkt das Manifest der Kommunistischen Partei prangen wird.
Der haitianische Regisseur Raoul Peck („Lumumba – Tod des Propheten“) wuchs auf im Belgisch-Kongo, in Berlin studierte er an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. Dort, in der akademischen Debatte, begegnete er dem Schaffen von Karl Marx. Ein Schaffen, das man in fünf Minuten, fünf Stunden, fünf Jahren oder fünf Jahrzehnten erklären kann, sagt der Philosoph Raymond Aron. Raoul Peck erklärt es uns in knapp zwei Stunden. Und das ist zugleich die große Stärke seines Films. Er verzichtet auf cineastische Opulenz und emotionale Wucht, rückt dafür aber klug und anmutig das Denken seines Titelhelden in den Mittelpunkt. Damit entschlüsselt er die Arbeit von Marx und Engels ganz in deren Sinne: so, dass es jeder versteht. Mitnichten entgleitet er dabei aber ins Triviale. Das Historiendrama erzählt vielmehr aufgeweckt und pointiert von Europa am Beginn der Industriellen Revolution, als Arbeit ausgebeutet, Protest bestraft, Kritik zensiert und Politik mit unverbindlicher Rhetorik und fernab der Lebensrealität bestritten wurde. Und ja, man ahnt es schon: Der Film ist brandaktuell, nicht zuletzt, wenn er uns mal wieder vor Augen hält, dass Arbeit nicht bloß Brotverdienst ist, sondern eine Ware, die entsprechend gut und gerecht bezahlt gehört, verdammt nochmal!
Eine anregende Geschichtsdoppelstunde über Zwei, die auszogen, die Klassen und den Kapitalismus zu überwinden.
(Hartmut Ernst)

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