trailer: Herr Voß, Ruhrgebiet und Urban Gardening, ist das ein Widerspruch?
Arnold Voß: Nein, überhaupt nicht. Das Urban Gardening musste im Ruhrgebiet gar nicht neu erfunden werden. Der städtische Garten sowohl als Nutzgarten und auch als Ziergarten hat hier eine lange Tradition. Es wäre sehr geschichtsfern, hier so zu tun, als wäre Urban Gardening etwas völlig Neues. Die Möglichkeit des Nahrungsmittelanbaus, ja sogar der Tierhaltung wurde in den neu geschaffenen Arbeitersiedlungen ja ausdrücklich geboten.
Das deutsche Wort für „Urban Gardening“ ist „Schrebergarten“?
Nein, das wiederum auch nicht. Die Idee des Schrebergartens deckt ja nur einen Teil des Urban Gardening ab. Dem aktuellen ökologischen Anspruch des Urban Gardening wird der traditionelle Schrebergarten in der Regel nicht gerecht. Auch sind Schrebergärten in einzelne Parzellen unterteilt, während beim Urban Gardening die Flächen gemeinschaftlich bewirtschaftet werden – zumindest von der Idee her.
Wo begann das moderne Urban Gardening?
Manche sagen, es begann in Großbritannien, andere sagen, es begann in New York. Ich lebe seit 1985 mehrere Monate im Jahr in New York City und konnte die Anfänge dort beobachten. In den Krisenjahren sind dort in hochverdichteten Gebieten zuerst Ruinen und dann Brachen entstanden. Wenn jemand in New York drei Jahre keine Grundsteuer bezahlt, fallen Grundstück und Haus automatisch der Stadt zu. Da die Stadt aber wegen der Krise kein Geld hatte, die so entstandenen Flächen neu zu bebauen, ist so etwas wie eine nachbarschaftliche landwirtschaftliche Occupy-Bewegung mitten in der Stadt entstanden. Hieraus wurde das Community-Gardening.
Es geht also beim Urban Gardening nicht nur darum, Blümchen zu pflanzen, sondern das Ganze ist eine hochpolitische Angelegenheit?
Ja, von Anfang an. Die Idee ist entstanden aus der sozialen Not, nicht aus ökologischen Überlegungen. Ein wichtiger Aspekt des Urban Gardening ist die Subsistenz. Später sind neue Motive hinzugekommen. Es geht nun auch darum, in der Stadt Naturverbundenheit zu erleben und stadtökologische Verbesserungen zu erreichen.
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