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Olafur Eliasson, Room for one Colour, 1997,Installationsansicht aus dem Moderna Museet, Stockholm 2015, Foto: Moderna Museet, Stockholm © Olafur Eliasson
Foto: Anders Sune Berg

„Ein einzigartiges Transformationserlebnis“

22. Februar 2018

Kuratorin Sandra Badelt über „Black & White“ im Düsseldorfer Museum Kunstpalast – Sammlung 03/18

trailer: „Black & White – Von Dürer bis Elíasson“ ist eine spannende Idee. Aber Titelgeber Ólafur Elíasson arbeitet doch gar nicht schwarz-weiß, oder?
Sandra Badelt: Das stimmt. Er arbeitet nicht schwarz-weiß, aber er verwandelt uns alle in schwarz-weiß. Seine Arbeit funktioniert in der Ausstellung wie ein Epilog. Nachdem die Besucher durch die Ausstellung gegangen sind und die Malerei in Schwarz und Weiß erlebt haben, betreten sie ganz am Ende der Ausstellung Elíassons Rauminstallation „Room for one colour“. Die Installation bietet für das Publikum ein einzigartiges Transformationserlebnis. Das senfgelbe Monofrequenzlicht unterdrückt jede andere Farbe, auch unsere Hautfarbe und taucht somit den Besucher in Grautöne. Und das ist eine tolle Erfahrung, weil es alle Sinne anspricht und gleichzeitig hinterfragt, wie ich mich eigentlich selber erfahre. Es stellt auch die Frage, wie man die Wirklichkeit sieht. In der Installation muss jeder sein eigenes Sehen infrage stellen.

Auch Bernardino Nocchis „Kreuzabnahme (nach Antonio Canova)“ ist ja nur zufällig monochrom, weil er wohl eine Marmorskulptur abgemalt hat.
Diese künstlerischen Prozesse möchten wir mit der Ausstellung nachvollziehen. Wir beginnen in der sakralen Kunst des 14. Jahrhunderts und fragen, warum sind Maler überhaupt darauf gekommen, in der Grisaille-Technik zu malen. Durch die ganze Ausstellung hindurch verfolgen wir, wie sich das kunsthistorisch entwickelt hat. Und die „Kreuzabnahme“ von 1800 zeigt sehr schön, wie Maler und Bildhauer zusammengearbeitet haben, um sich gegenseitig zu unterstützen. In diesem Fall hat Nocchi nach einem Gipsmodell von Canova gemalt. Dieser hatte seinen Entwurf erst einmal mit dem billigeren Material erarbeitet. So konnte er sich einen Eindruck verschaffen und hat dann den Maler gebeten, davon eine Grisaille anzufertigen, weil dieser dann ausprobieren konnte, wie beispielsweise verschiedene Lichteinwirkungen das Werk verändern. Später erst hat Canova dann für den Auftraggeber in Marmor gearbeitet.

Was ist denn das Highlight? Die Ballettprobe auf der Bühne von Degas oder doch wieder Gerhart Richter und „Helga Matura mit Verlobtem“?
Da fällt die Entscheidung schwer! Das Werk von Degas ist ein tolles Highlight. „Die Ballettprobe“ ist wirklich wunderschön und zudem das einzige bekannte Grisaille-Gemälde von ihm. Wir sind sehr froh, dass wir das Werk im Gegensatz zu den Londoner Kollegen als Leihgabe bekommen haben. Der Richter ist sicherlich ein weiteres Highlight – übrigens ist dies ein Werk unserer Sammlung. Was speziell hervorzuheben ist: Im letzten Moment hat unser Direktor zufällig noch ein Gemälde von Picasso gefunden, das im Prinzip das weitgereiste Werk „Die große Odaliske“ von Jean Auguste Dominique Ingres spiegelt. Das ist natürlich auch ein außergewöhnliches Highlight.

Sandra Badelt
Foto: Presse
Zur Person
Sandra Badelt studierte von 1996 bis 2003 an der Ruhr-Universität Bochum Kunstgeschichte, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Klassische Archäologie. Ab 2005 war sie für die Stiftung Museum Kunstpalast Düsseldorf tätig und leitet seit 2011 die Abteilung Ausstellungsmanagement. Bei der Ausstellung „Black & White“, einer Kooperation mit der National Gallery London, gehört sie zum Düsseldorfer Kuratorenteam.


Was muss man sich denn unter der Rauminstallation des belgischen Künstlers Hans Op de Beeck vorstellen? Farblose Räume?
Es ist mehr als das. Hans Op de Beeck schafft mit „The Collector’s House“ eine begehbare Welt – das Haus eines anonymen Sammlers, in dem irgendetwas vor sich gegangen ist, aber wir wissen nicht genau was. Und diese Welt ist komplett in geheimnisvolles Grau getaucht. Sie ist im Prinzip die visuelle Gegenthese zu Ólafur Elíasson, denn wenn der Besucher in den Op-de-Beeck-Raum tritt, erfährt er sich selbst als extrem farbig. Auch durch die speziellen Lichtverhältnisse ist es eine sehr emotionale Erfahrung. Op de Beeck hat für diese Installation speziell Musik komponiert, die sehr ergreifend und melancholisch ist.

Wie inszeniert man denn so eine Ausstellung? Mit farbigen Wänden?
Hier haben wir lange diskutiert, uns aber dazu entschieden, die Wände farblich sehr stark zurückzunehmen. Das heißt, wir werden da auch mit Grautönen arbeiten und den Bildern den Vortritt lassen.

Und die logistische Konzeption?
Wir haben zwei Säle zur Verfügung und gehen in der Kapitelführung überwiegend chronologisch vor. Mit dem ersten Kapitel beginnen wir im Mittelalter und zeigen, wie die Zisterzienser Mönche die Grisaille-Malerei im Prinzip erfunden haben, weil sie sich bemühten, eine Kunst zu schaffen, die nicht ablenkt, die nicht zu lustvoll ist bei der Betrachtung, die aber auch einen Unterschied zeigt zwischen der sakralen und der säkularen Welt. Die Passionsgeschichte ist sehr häufig auch in Grisaille dargestellt. In weiteren Kapiteln zeigen wir dann die verschiedenen Einflüsse, den Wettstreit der Künste, die Abgrenzungen zwischen Druckgrafik und Malerei, zwischen Skulptur und Malerei. Es folgt ein Kapitel, in dem wir zeigen, wie die Maler die Grisaille-Technik für ihre Studien verwendet haben, um beispielsweise den Faltenwurf sowie das Spiel von Licht und Schatten zu erforschen und ein Kapitel mit ganz eigenständigen Grisaille-Gemälden, in dem auch die Gemälde von Degas oder Ingres verortet sind. Dort zeigen wir, dass ab einem gewissen Zeitpunkt Künstler begonnen haben, die Grisaille-Malerei künstlerisch völlig unabhängig von irgendwelchen Nebenzwecken als eigenständige Kunstwerke zu entwickeln.

Der rote Faden ist also die Zeit?
Genau, wir zeigen eine künstlerische Entwicklung der Schwarzweiß-Malerei über die Jahrhunderte hinweg. Wir veranschaulichen beispielsweise, wie die Erfindung der Fotografie im frühen 19. Jahrhundert Einfluss auf die Malerei nimmt, dann gehen wir weiter ins frühe 20. Jahrhundert, in dem der Einfluss des Films auf die Malerei zu beobachten ist und schließlich folgen wir dem Faden bis in die Abstraktion. Wir zeigen Beispiele aus der amerikanischen abstrakten Malerei und in zwei Bereichen Werke der Künstlergruppe ZERO und aus dem deutschen Informel mit Bezug zum Rheinland. Im abschließenden Kapitel „Jenseits der Malerei“ zeigen wir zwei Beispiele zeitgenössischer Installationen. Als erstes betritt man dort die Installation von Op de Beeck und erlebt sich selbst als sehr farbig, und wenn man von dort in die Installation von Eliasson wechselt, erlebt man sich als gänzlich grau – das ist sehr spannend. Es lässt sich nur selbst erleben, wie intensiv dieses Werk am Ende wirkt!  

Black & White. Von Dürer bis Eliasson | 22.3.-15.7. | Museum Kunstpalast, Düsseldorf | 0211 56 64 21 00

INTERVIEW: PETER ORTMANN

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