Die lange Sanierung sieht man dem Gasometer nicht an, weder außen noch innen. Topfit für die nächsten 30 Jahre, scheint es doch ganz das Alte. Und auch die neue Ausstellung folgt dem bewährten Konzept. Brillante großformatige Naturaufnahmen und Videos von international renommierten Fotografen bieten emotionalen Augenschmaus. Diesmal geht es ernsthaft um alles: unsere einzigartige, doch vielfach gefährdete Welt, demoliert vom menschlichen Fußabdruck. „Das zerbrechliche Paradies“ will mit visuellen Mitteln Wissenschaft vermitteln – und anrühren. Etwas Didaktik gehört dazu. Die üblichen Texttafeln flankieren den Themenparcours mit vertiefenden Infos und Geschichten zu den Motiven.
Im Parterre steht die Schönheit der Erde im Fokus: Naturgewalten und Wetterphänomene, Wüsten, Wälder, Ozeane, ausdrucksstarke Porträts aus der Tierwelt. Auge in Auge mit der seltenen Saiga-Antilope oder der Waschbärmama mit Kinderstube im Autowrack, mit Eulenküken im Stachelkaktus und dem Äffchen mit erbeutetem Handy. Gezeigt werden aber auch Jagdszenen, denn hungrige Tiere sind selten nett zueinander. So ist Natur. Jedes Bild eine eigene Welt. Auch virtuelle Erfahrungen werden geboten: 3D-Brillen laden ein in den brasilianischen Regenwald.
Die obere Ebene zeigt, was weniger rund läuft auf dem blauen Planeten: ausgedörrte, aufgerissene, verbrannte, zugebaute und zugemüllte Landschaften und Meere, Tiere in Plastikfallen, Trophäenjäger, getötete Elefanten und ermordete Rancher, die sie und sich nicht schützen konnten. Raubbau, Klimakrise und weitere Missstände sind bildlich präsent, aber auch einzelne Visionen und Projekte, die hoffen lassen.
Den 100 Meter hohen Luftraum des Gasometers beherrscht die imposante Riesen-Weltkugel mit neuen hochaufgelösten Projektionen aus Datenmaterial und Satellitenbildern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Golfstrom, Wind und Wetter, Eis und Wolken im Jahresverlauf, dazu die Bewegungen von Schiffen und Flugzeugen – all dies lässt sich wie in den letzten Ausstellungen bequem auf Sitzsäcken zu sphärischen Klängen genießen. Und doch tritt man dieses Mal nicht schwelgerisch überwältigt aus der Bilderflut ins Freie, sondern eher nachdenklich beklommen. Aber auch nachhaltig?
Das zerbrechliche Paradies | bis 30.12.22 | Gasometer Oberhausen | 0208 850 37 30
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Der leere Raum
Eine Installation von Christo im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 05/13
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24
Unter unseren Füßen
Archäologie der Moderne im Ruhr Museum – Ruhrkunst 02/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
Ausdruck der Zeit
Expressionismus-Sammlung im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/24
Visionen von Gemeinschaft
„Wir ist Zukunft“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/24
Das bisschen Haushalt …
„Kochen Putzen Sorgen“ im Quadrat Bottrop – Ruhrkunst 12/23
Unorte im Fokus
„Die Stadt ist anderswo“ im Bochumer Museum unter Tage – Ruhrkunst 12/23
Konkret gemalt
„Colours and Lines in Motion“ in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 11/23
Auf nach Phantásien!
Illustrationen zu Michael Endes Geschichten in Oberhausen – Ruhrkunst 10/23
Im Herzen des Bunkers
Marianne Berenhaut in Recklinghausen – Ruhrkunst 09/23
Zur Liebe
„love/love“im Künstlerhaus Dortmund – Ruhrkunst 09/23
Auf Zeitreise
„Ein Blick zurück“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – Ruhrkunst 09/23
Wege der Landschaftsdarstellung
Sven Drühl in Oberhausen – Kunst 08/23
Futter fürs Bildgedächtnis
Pixelprojekt-Neuaufnahmen in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 08/23
Subversive Geister
Nils Alix-Tabeling in Dortmund – Ruhrkunst 08/23
Digital natürlich
New Now Festival auf Kokerei Zollverein – Ruhrkunst 07/23
Tauchgänge
„Diving into Art“ in Bochum – Ruhrkunst 06/23
Kompatibel mit Museum
Rafaël Rozendaals NFTs in Essen – Ruhrkunst 05/23
Alle mal spielen!
Takako im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 05/23
Was uns die Algen singen
Stolzer & Rütten im Dortmunder U – Ruhrkunst 05/23