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Hans-Ulrich Grimm
Foto: Droemer Verlag

,,Aromastoffe sind das absolute Alarmzeichen’’

29. August 2022

Lebensmittelexperte Hans-Ulrich Grimm über industriell erzeugte Nahrung – Teil 3: Interview

trailer: Herr Grimm, zahlreiche Lebensmittel enthalten umstrittene Zusatzstoffe. Ein Gesundheitsrisiko?

Hans-Ulrich Grimm: Insgesamt muss man sagen, dass nur Lebensmittel auf den Markt gebracht werden dürfen, die nicht gesundheitsschädlich sind. Das ist die Regel. Was dabei aber nicht berücksichtigt wird, sind Zucker oder Zusatzstoffe, die Wechselwirkungen untereinander hervorrufen. Mediziner und Wissenschaftler stellen immer häufiger fest, dass diese erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben. Zahlreiche Zivilisationskrankheiten wie Herzinfarkt, Alzheimer, Schlaganfall und Krebs, bis hin zu Diabetes sind verbunden mit diesen industriellen Nahrungsmitteln. Dabei sprechen wir von den sogenannten ultra-verarbeiteten Lebensmitteln. Diese sind unter anderem jegliche Arten von Softdrinks, Fruchtzwerge und Fertignahrung. Zahlreiche Studien weltweit haben bislang herausgestellt, dass gesundheitsgefährdende Risiken durch industrielle Nahrung gefördert werden.

Gibt es bestimmte Zusatzstoffe, die den Konsumenten direkt alarmieren sollten?

Für mich sind Aromen das absolute Alarmzeichen. Wenn irgendwo Aroma draufsteht, ist in der Regel etwas faul. Aromastoffe gelten als komplett unbedenklich, weil sie in sehr geringer Konzentration eingesetzt werden. Vonder Menge, also der Toxikologie her, sind sie quasi unbedenklich. Jedoch führen sie den Körper in die Irre. Denn der Geschmack und der Geruch dienen dem Körper als Kontrollinstanz. Wenn dieser abstoßend ist, lässt man in der Regel die Finger von etwas. In der Nahrungsindustrie wird der Geschmack jedoch eingesetzt, um solche Fehlgeschmäcker zu maskieren. Und dies führt zur großen Problematik, weil das natürliche Warnsignal des Körpers ausgeschaltet wird und der Körper dadurch Nahrung aufnimmt, die er eigentlich nicht aufnehmen möchte oder in einer ungesunden und schädlichen Menge, was demnach zu Fettleibigkeit führen kann.

Warum ist das erlaubt?

Bereits im Mittelalter war die Aufgabe der Behörden und Obrigkeit, für saubere Lebensmittel zu sorgen. Damals wurde sogar die Todesstrafe auferlegt, wenn Lebensmittelbetrüge aufgedeckt wurden. Mittlerweile ist der Betrug aber legal. Die EU-Behörden für Lebensmittelsicherheit legitimieren dies, indem sie auf die Kennzeichnungen in der Zutatenliste verweisen. Das ist meiner Meinung nach sehr bedenklich.

Was wird dagegen unternommen?

Gegen die absoluten Problemstoffe wie Geschmacksverstärker, Süßstoffe, Aspartam und viele weitere, bei denen es wirklich viele wissenschaftliche Belege auf gesundheitliche Risiken gibt, unternimmt der Staat freilich nichts, da diese ja zugelassen sind. Um diesen Risiken und Nebenwirkungen vorzubeugen,müssen die Konsumenten informiert und aufgeklärt werden. Ganz wichtig ist dabei zu betonen, dass es in der Medizin oder der Ernährungswissenschaft nicht nur um einzelne Inhaltsstoffe geht, sondern um die Entfernung von der Natur durch die Industrialisierung der Nahrung. Und an diesem Punkt setzt die Aufklärung ein. Die Menschen müssen darüber aufgeklärt werden, inwiefern Zusammensetzungen einzelnerZutaten gesundheitsschädliche Risiken enthalten und ab wann das Risiko dort beginnt.

Es gibt einen Trend zu veganen und vegetarischen Alternativprodukten. Sind die unbedenklich?

Laut wissenschaftlicher Studienergebnisse geht es dabei um die Frage nach der Art der Alternative. Auch hierbei gilt, dass ultra-verarbeitete Produkte wie Hamburgerersatz oder Hafermilch sogar ungesünder als Fleisch sind. Denn Fake-Produkte werden industriell hergestellt und enthalten somit unglaublich viele Chemikalien. Durch ihre industrielle Produktionsweise sind diese Produkte im Übrigen natürlich nicht nur bedenklich für die menschliche Gesundheit, sondern auch für das Klima.

Wie können Konsumenten auf eine möglichst gesunde Ernährung achten?

Grundsätzlich geht es nach aktuelleren wissenschaftlichen und medizinischen Einschätzungen wie gesagt um die Entfernung von der Natur. Um dem entgegenzuwirken, ist die Regel Nummer eins, frische und unverarbeitete Produkte zu kaufen. Für mich persönlich ist dabei noch ganz entscheidend, wie eingangs auch beschrieben, von Produkten abzusehen, die Aromastoffe in ihrer Zutatenliste enthalten. Ein gutes Mittelmaß zu finden und möglichst auf das Körpergefühl zu hören, ist auch beim Thema Ernährung wesentlich.


NIMMER SATT - Aktiv im Thema

solidarische-landwirtschaft.org | Das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. setzt sich „gleichermaßen als Bewegung, basisdemokratische Organisation und Verband“ für umweltschonende Landwirtschaft ein.
enkeltauglich.bio | Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft streitet für eine „fundamentale Wende der Landbewirtschaftung und der Nahrungserzeugung“.
saat-gut.org | Der „Förderverein zur Entwicklung und Durchführung ökologischer Pflanzenzüchtung“ setzt sich für freies und samenfestes Saatgut ein.

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Interview: Christina Heimig

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