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Vorbereitungen für die 8. Westdeutschen Kurzfilmtage 1962 in der Elsässer Straße, Oberhausen

Foto: Kurzfilmtage

50 Jahre Oberhausener Manifest

29. März 2012

Einfluss der Kurzfilmtage auf den deutschen Film - Filmwirtschaft 04/12

Mit der Verlesung des Oberhausener Manifests vor 50 Jahren auf den Kurzfilmtagen in Oberhausen jährt sich der Beginn einer Entwicklung, den die 26 Regisseure und Filmschaffenden vielleicht gehofft, in jedem Fall aber nicht geplant haben.
Hilmar Hoffmann, Leiter der Kurzfilmtage und soeben für sein Engagement für den Film gehrt worden, hatte die wichtigsten Vertreter der Münchener Kurzfilmszene um Alexander Kluge, Edgar Reitz und Peter Schamony eingeladen und ihnen ein Forum für ihr Manifest im Februar 1962 gegeben. Unter dem Motto (das im Übrigen wörtlich in dem Manifest nicht zu finden ist) „Papas Kino ist tot“ forderten die Oberhausener neue Freiheiten, die sie in der etablierten Produktionsszene im Nachkriegsdeutschland nicht hatten. „Der alte Film ist tot. Wir glauben an den Neuen.“ So endet das Manifest, und es begann etwas, das heute als Neuer Deutscher Film oder auch Autorenfilm das deutsche Kino völlig neu positionierte.

Vorbild für die deutsche Bewegung war der italienische Neorealismus, das britische Direct Cinema und vor allem die Nouvelle Vague aus Frankreich. Hier hatten u.a. Jean-Luc Godard, François Truffaut und Louis Malle Ende der 50er Jahre künstlerischen wie kommerziellen Erfolg jenseits des Studiosystems errungen.
Der Großteil der etablierten Filmbranche und auch die Filmkritik reagierten mit Häme, Ignoranz oder offenem Widerstand. Nach dem Krieg sollte mit dem deutschen Film Geld verdient und das Publikum unterhalten werden. Eine Aufarbeitung der Vergangenheit fand so gut wie gar nicht statt und war offenbar auch nicht erwünscht. Und gerade das ärgerte eine junge heranwachsende Generation von Filmschaffenden, die mit ihrem Manifest neben den neuen Freiheiten auch die Voraussetzung und Strukturen zum unabhängigen Filmemachen forderte.

Die gewünschte Unabhängigkeit konnte allerdings nicht nur durch den Verzicht auf Gagen und das Drehen an Originalschauplätzen – und somit Einsparung von Studiokosten – erreicht werden. Vielmehr mussten für die mutmaßlich zunächst nicht an der Kinokasse reüssierenden Werke statt des Produzenten als Geldgeber nun Bund und Länder mit Förderungen den Produktionsprozess ermöglichen.
Aufgrund der Zuständigkeit der Länder für Kultur war Deutschland Schlusslicht ästhetischer, formaler und inhaltlicher Innovation. Noch vier Jahre sollte es dauern, bis die Bundesländer 1966 die Gründung des „Kuratorium Junger Deutscher Film“ beschlossen. Nahezu alle namhaften Regisseure (Fassbinder, Reitz, Herzog, Verhoeven, Geißendörfer, Thome, Kluge, Schlöndorff, Zadeck) haben hier ihren ersten Spielfilm gefördert bekommen – häufig bereits Meilensteine.
Die erste Ausbildungsmöglichkeit im Bereich Film wurde an der Hochschule für Gestaltung in Ulm eingerichtet. Später folgten die Filmhochschulen in München und Berlin, die bis heute die ersten Adressen für die Filmausbildung sind.
Zeitgleich wurde 1966 die „Arbeitsgemeinschaft Neuer deutscher Spielfilmproduzenten“ ins Leben gerufen – sechs der zehn Gründungsmitglieder waren Oberhausener.

Die Söhne haben also mehr erreicht als Papa zunächst recht war, aber stolz können sie allemal sein.

KIM LUDOLF KOCH

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