Dass die Rechten indiskutabel sind, ist an sich schon indiskutabel. Aber auch die Methoden der gegnerischen Seite bedürfen der Diskussion – dafür müssen nicht einmal Steine geworfen werden. Im Dezember 2013 stürmten rund 20 vermummte Antifaschisten eine Jura-Vorlesung der Ruhr-Uni Bochum und denunzierten einen Kommilitonen als Mitglied der Partei „Die Rechte“ und einstigen Aktiven des 2012 verbotenen „Nationalen Widerstands Dortmund“. Zuvor hatten die Linken den Campus mit seinem Konterfei plakatiert. Als der Dozent versuchte, die Linken aus dem Saal zu führen, bekam er einen Schlag ins Gesicht ab. Ein Ziel hat die Antifa jedenfalls erreicht: Sie hat ein Bewusstsein geschaffen dafür, dass an der Uni Rechte studieren. Aber eben auch gewaltbereite Linke. Gegen sie wird noch polizeilich ermittelt, gegen den Rechten nicht. „Wir ermöglichen jedem ein Studium, ungeachtet seiner politischen Ansichten“, erklärt Michaela Wurm vom Dezernat Hochschulkommunikation. „Solange Rechte hier keine volksverhetzenden Parolen verbreiten oder strafrechtliche Verletzungen begehen, können wir nichts unternehmen. Doch um so etwas zu tun, sind sie zu intelligent.“
Das Rektorat und der AStA wollen letztlich mit keiner der beiden Seiten sympathisieren. Und so suchte man einige Monate lang nach einer geeigneten Methode, mit der Situation umzugehen. Dadurch mussten sie sich den Vorwurf gefallen lassen, Rechten einen geschützten Raum zu bieten. Michaela Wurm: „Aber diese Situation war absolut neu für uns. Da konnten wir nicht vom einen auf den anderen Tag reagieren, es fehlten einfach die Erfahrungswerte. Außerdem können wir nichts berichten, was Teil einer laufenden Ermittlung der Kripo ist.“
Das Rektorat und der AStA setzten sich zusammen mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus und arbeiteten unter dem Motto „RUB bekennt Farbe“ eine Reihe von Veranstaltungen für das Sommersemester aus. „Unser Mittel ist der Diskurs und die Aufklärung. Wir werden deutlich machen, dass wir als Universität für einen respektvollen Umgang miteinander einstehen“, erklärt Rektor Prof. Dr. Elmar W. Weiler. Bislang liegen die Anmeldezahlen im „hohen zweistelligen Bereich“, so Michaela Wurm, die die Aktion für die Uni mit dem AStA koordiniert. Das Angebot zielt weniger darauf, auf die Gefahren braunen Gedankenguts zu verweisen – so viel Sachverstand, damit vertraut zu sein, ist dem Zielpublikum zuzutrauen. Die Dozenten werden von den Mitarbeitern der Mobilen Beratung über die Neonaziszene in NRW informiert und darin geschult, wie sie mit rechtsextremen Äußerungen und möglichen Reaktionen anderer Studierender in ihren Lehrveranstaltung verantwortungsvoll umgehen können. Auch den Studenten sollen Mittel und Wege aufgezeigt werden, wie sie auf rechtsextreme Tendenzen an der Uni reagieren können – unter Berufung auf Versammlungs-, Haus- und Presserecht. Geplant sind ferner eine Ringvorlesung und ein Konzertabend. Im Wintersemester soll die Kampagne weitergeführt werden.
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