Der Nagelbomben-Anschlag in der Köln-Mülheimer Keupstraße liegt nun 11 Jahre zurück und beschäftigt noch heute die Betroffenen genauso wie die Öffentlichkeit und die Politik, die hier 2011 schwere Ermittlungsfehler konstatieren und ihrerseits wieder aufklären musste. Die NSU-Nagelbombe verletzte 22 Menschen; der zunächst als Spekulation abgetane rechtsextreme Hintergrund der Tat steht heute fest. Im letzten Juni taten sich zum zehnjährigen Jahrestag Kölner Künstler und Veranstalter zusammen, um beim Kulturfestival „Birlikte – Zusammenstehen“ um die Keupstraße herum gegen rechts Stellung zu beziehen: Unser Kölner Partner-Magazin choices legte damals ein Solidaritäts- Flugblatt auf. Leider konnten damals die beim Fest beteiligten Götter den weltlichen Sturm nicht aufhalten, der zum Abbruch der Großveranstaltung zwang.
Im Jahr danach wollen alle Beteiligten unter dem erweiterten Motto „Zusammenstehen – Zusammenleben“ weitermachen, das Aufkommen von Pegida und das Erstarken rechten Gedankenguts auch in Köln lassen es kaum anders zu. Die traurigere Alternative zu solchen selbstorganisierten, vielfältigen Festivals, die eine klare Nachricht für ein friedliches Miteinander senden, sind die Gegendemos zu Pegida, bei denen man sich allerdings weitgehend nach denen richten und stundenlang deren Transparente und Wutbürger-Gesichter ertragen muss. Birlikte 2015 versammelt in einem großen Kunst- und Kulturfest rund um die Keupstraße und um die Spielstätten des Schauspiels wieder über 500 lokale und überregionale Künstler auf zig Bühnen.
So wird am Sonntag ab 11 Uhr aus einem Tatort wieder ein Ort des gemeinsamen Feierns, Diskutierens und Gedenkens. Für Musik sorgen die Bläck Fööss, das deutsch-türkische Duo Kent Coda, die Höhner, Liedermacher Wolf Maahn, Kasalla, Brings und viele andere Bands, für Lacher (durchaus auch mal auf Kosten der Pegida) sorgen u.a. Aydin Isik und Fatih Çevikkollu, der auch die Diskussion „Deutsche Identitäten im 21. Jahrhundert“ moderiert. Auch erwartet wird die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano. Es ist ein Kulturen-Festival, auf dem brasilianischer Karneval nachgefeiert wird, wenn die 20-köpfige Sambagruppe Sambatidas Refrath im Carlsgarten spielt, interkulturelle Ensembles tanzen, Musiker der zweiten und dritten Einwanderergeneration ihre „Heimatlieder aus Deutschland“ vortragen, kurdischer Rock oder französischer Rap erklingen oder Navid Kermani seine Reportagen mit ins Depot 2 bringt. Die Diskussionsrunden kreisen derweil um Rechtsradikalismus, Rassismus, den Verfassungsschutz und aktuelle Integrationsperspektiven. Ein vorheriger Blick ins Programm lohnt sich also.
trailer wird berichten und wünscht allen Beteiligten viel Spaß und Erfolg. In unserem aktuellen Aufmacherthema MEINE MOSCHEE geht es zeitgleich in drei Medien (trailer/Ruhrgebiet, engels/Wuppertal und choices/Köln) um den Islam selbst. Ausführlich haben wir uns in diesen Magazinen zuvor mit der Rechtsdrehung in unserer Gesellschaft beschäftigt, in Erinnerung wird vielen auch noch die Arsch-Huh-Demo im Dezember 2014 sdin. Es passiert viel, damit 'es' nicht wieder passiert! Möge das Wirken aller Beteiligten dazu beigtragen, eine offene und streitbare Gesellschaft selbstbewusst und gemeinsam zu leben.
Birlikte: Zusammenstehen – Zusammenleben | 14.6.15 ab 11 Uhr | Köln-Mülheim | birlikte.info
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