Der Kunstverein Ruhr besetzt nur einen einzigen Raum mit breiter Schaufensterfront zum Kopstadtplatz, mitten in der Essener Innenstadt. Meist konzentrieren sich auch die Ausstellungen auf ein einzelnes Werk mit Raumbezug, wie zurzeit die skulpturale Installation von Thomas Rentmeister. Der Berliner Künstler bog, beulte, faltete und formte vor Ort ein silbrig schillerndes Gebilde, das nahezu die Hälfte des Raumvolumens einnimmt. Sein Arbeitsmaterial heißt: Streckmetall.
Was normalerweise unsichtbar unter Putz verborgen ist, offenbart hier nun als filigraner Metallkokon seine ästhetischen Qualitäten: im Licht der Leuchtstoffröhren glitzernd verflochtene Gitter, die im Vorbeigehen eine Art Moiré-Effekt erzeugen. Rentmeister spielt mit seinem Material und erzeugt Kontraste zur gewohnten Nutzung. Aus flach ausgewalzten Gitterplatten, die im Alltag auf dem Bau stabilisierend dazu beitragen, dass heikle Wandflächen verputzt werden können, baut er einen buckeligen Riesenquader, eine rundum geschlossene Form mit vielseitigen Einblicken in ein mehrfach verschachteltes Innenleben.
Der Kokon ist nämlich nicht leer. Rentmeister legte interne Räume, Gänge, Regale und Nischen an – und deponierte wie absichtslos in einzelnen Fächern dunkle Blickfänge: leger abgelegte Kleidungsstücke, Pullis, Shirts, undefinierbare Stoffhaufen, die entdeckt, aber nicht entnommen werden können. Die auf eine Nutzung verweisen, ohne diese fassbar zu machen. Die unterschiedlichsten Assoziationen sind zugelassen: von Käfig oder Warenlager über Einkaufswagen bis Wohncontainer. Die Bedeutungen changieren wie das silbrige Gebilde selbst.
Derartiges ist Rentmeisters Spezialität, neben unkonventionellem Einsatz von Alltagsmaterialien in seinen Werken. Eine gewisse Respektlosigkeit wurde dem Professor an der HBK Braunschweig schon augenzwinkernd bescheinigt. Ob Nutella, Prinzenrollen, Penatencreme oder ausgediente Kühlschränke – vertraute Nahrungsmittel, Kosmetik, Textilien, Baustoffe offenbaren in überraschenden Kombinationen ganz neue sinnliche Qualitäten und wirken im Kunstkontext oft auch ziemlich komisch: das schwarze Stahlregal voller weißer Unterwäsche, Schneemänner aus glasierter Keramik, ein akkurates Feld aus H-Milch-Packungen, amorphe Gestänge aus Mullbinden und Kunststoffrohre, Maschendraht im Nutella-Mantel. Aber vor allem entfalten die Objekte einen poetischen Reiz: Wie eben der fragile Lichtkäfig aus Streckmetall mit Kleidungstücken, der auch des Nachts im hell erleuchteten Raum hinter dem Schaufenster wunderbar glitzert und dem desolaten Kopstadtplatz etwas Glanz verleiht.
PUTPUTPUT. setzenstellenlegen | bis 8.9. | Kunstverein Ruhr, Kopstadtplatz 12, Essen | 0201 226538 | www.kunstvereinruhr.de
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