Die Gemälde und Skulpturen aus dem Nachlass des Sammlers Gustav Rau, die als Leihgaben von UNICEF im Arp Museum Bahnhof Rolandseck untergebracht sind, werden hier im etwa halbjährigen Turnus sukzessive vorgestellt. Diesmal sind sie mit Leihgaben aus der National Gallery in Dublin kombiniert. Thema ist die französische Malerei vom frühen 17. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert, als die Malerei aus Frankreich führend in der Kunst war.
Die Ausstellung beginnt furios. Sie zeigt gleich drei Gemälde von Jean-Siméon Chardin (1699-1779), die, innerhalb weniger Jahre entstanden, seine stilistische Wandlungsfähigkeit demonstrieren. Chardins Stillleben korrespondiert zudem mit Stillleben weiterer Künstler, wodurch eine Ausdifferenzierung dieses Genres im 18. Jahrhundert stattfindet.
Es geht in Rolandseck weiter mit Arkadischen Landschaften von Claude Lorrain und Millet, deren Figurentypus wenig später in Poussins „Heiliger Familie“ (1649) wiederkehrt. Chronologisch daran anschließend, korrespondieren Fragonard und Boucher mit ihrem duftenden Rokoko. Als weiterer Vertreter der „Galanten Feste“ wird Jean-Baptiste Pater vorgestellt – wir sind im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts, Frankreich ist auf der Höhe seiner malerischen Vormachtstellung. Und schwächelt doch in manchen Genres: Deutlich wird, dass Seestücke nie die Domäne der Franzosen waren – vielleicht liegt es daran, dass die Seefahrt in Frankreich nicht so eine zentrale Rolle spielte wie bei den Niederländern?
Später tragen Rousseau und dann die Französische Revolution zur empathischen Schärfung und inszenierten Härte in der Malerei bei, die sogleich zu stilistischen Veränderungen führt. Dazu findet sich ein Historienbild von Jacques-Louis David, das als Mischung aus Seestück, Pastorale, antikisierender Szenerie und zeitgenössischer Referenz zwar schwülstig ist, aber grandios Licht und Schatten zelebriert. Danach – und das verdeutlicht die Ausstellung eindrucksvoll – erfolgt die Wendung zum nüchternen Realismus: weg von der Heroisierung und der Ästhetisierung des Lebens hin zur harten Arbeit und zur Neubewertung der Natur. Courbet, Corot und erneut Millet repräsentieren diese neue Sicht. Von hier aus ist der Schritt zur Freiluftmalerei mit dem Impressionismus geradezu logisch. Das Gravitationszentrum dieses Kapitels der französischen Kunst sind in der Ausstellung aber zwei Bilder von Renoir. Beide zeigen eine junge Frau mit einer roten Rose im dunklen Haar, gemalt 1873 (Museum Dublin) und 1876 (Sammlung Rau) – und es ist erstaunlich, wie sich die Malerei von der fließenden Licht-Schatten-Bewegung im Weiß des Kleides zum geradezu veristischen Porträt als Ausdruck der Charakterbildung wandelt. Spannend und lehrreich!
„Revolution der Bilder – Von Poussin bis Monet“ | bis 6.9. | Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 0228 942 50
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Helden des Surrealismus
Salvador Dalí und Hans Arp im Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 06/20
Ruhe im Sturm
Jonas Burgert im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 05/20
Licht und Feuer
Otto Piene in Remagen – Kunst in NRW 10/19
Farbe im Raum
Gotthard Graubner im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 08/18
Rendezvous der Bildhauer
Henry Moore im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 10/17
Vor der Bühne, im Rampenlicht
„Bühnenreif“ im Arp Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 04/17
Der Leib des Menschen
Körperdarstellungen aus der Sammlung Rau im Arp Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 07/14
Aus der Distanz ganz nah
Bert Didillon und Hanna Kuster bei den Grölle pass:projects in Wuppertal – Kunst in NRW 03/21
In der Verlängerung beginnen
Museen zwischen öffnen und schließen – Kunst in NRW 02/21
Zweierlei Romantik
Caspar David Friedrich im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 12/20
Das aktuelle Museum
Monica Bonvicini in der Kunsthalle Bielefeld – Kunst in NRW 11/20
Die Wirklichkeit virtuell
Simon Denny in K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/20
Vor den Toren von Kalkar
„Arnt der Bilderschneider“ in Köln – Kunst in NRW 09/20
Licht und Schatten in New York
Berenice Abbott in der Photographischen Sammlung in Köln – Kunst in NRW 08/20
Sieben Jahre
Picasso in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf – Kunst in NRW 07/20
Sehen und Zeigen
„Subjekt und Objekt“ in der Kunsthalle Düsseldorf – Kunst in NRW 05/20
Fremde Räume
Simon Schuberts „Schattenreich“ in Leverkusen – Kunst in NRW 02/20
Hinter Masken
Michael Sandle in Wuppertal – Kunst in NRW 03/20
Helden der Malerei
Oehlen und Dunham in Düsseldorf – Kunst in NRW 01/20
Maler unterwegs
„Jetzt!“ im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 12/19
Bilder als Widerstand
Malerei in der DDR in Düsseldorf – Kunst in NRW 11/19
Menschen und Farbe
Martin Parr in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/19