Der Ausstellungstitel, die Präsentation im Kunstmuseum und die Exponate haben etwas gemeinsam: Sie sind sachlich. Darum aber geht es: sachlich, dabei frei von erzählerischen, assoziativen, ja, sogar vordergründig sinnlichen Qualitäten herauszuarbeiten, was Fotografie überhaupt ist und wie sie aussehen kann, wenn sie unabgelenkt ihr mediales Sein beleuchtet. Dafür verzichtet sie weitgehend auf ihre Funktion der Abbildung. Dazu nun hat das Kunstmuseum Bochum fünf verschiedene Künstler eingeladen, mit Gottfried Jäger einen „Altmeister“ und vier „Rising Stars“, darunter mit Jan Paul Evers den Träger des Kunstpreises „junger westen“. In ihren analogen und digitalen Fotografien repräsentieren die ausgewählten Künstler das aktuelle Spektrum der abstrakten und der konkreten Fotografie in Deutschland.
Explizit mit Farbe als Konzept arbeitet in Bochum nur Stefan Heyne: Er erstellt Lichträume, als mehrteilige Ensembles tatsächlich im größeren Format. In der Ausstellung aber geht es auch um den realen, faktischen Raum. Christiane Feser setzt Papierformen auf die Fotografien ebensolcher rasterartiger Strukturen, so dass sich das fotografische Bild, gerahmt unter Glas, zum dreidimensionalen Relief erweitert. Miriam Böhm positioniert an zwei Stellen ihre Fotografien inmitten – und als Teil – von Wandzeichnung, wobei ein ruhiges geometrisches Feld entsteht. Ganz anders wieder Jan Paul Evers: Seine karg reduzierten Bilder verhalten sich in einer subtilen Balance von Fläche und Raumsuggestion, indem er die digital bearbeiteten Fotos realer Raumausschnitte erneut analog aufnimmt und so ein mehrschichtiges, nicht ganz aufzulösendes Spiel des Sehens initiiert.
Das weiteste Spektrum in der Ausstellung aber demonstriert Gottfried Jäger – vielleicht wäre diese Ausstellung auch als Hommage an den 1937 geborenen ehemaligen Professoren für Fotografie an der Fachhochschule Bielefeld und herausragenden Theoretiker der konkreten Fotografie zu verstehen. Auch in seinem fotografischen Werk gilt: Wir sehen nicht viel, und wir sehen – selbstverständlich – noch mehr.
„Das autonome Bild – Fünf Konzepte aktueller Fotografie“ | bis 17.7. | Kunstmuseum Bochum | 0234 910 42 30
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