„Das Bienensterben wird missverstanden“, sagt Melanie Wolters. Es gehe nicht nur um Wildbienen, sondern auch um Schmetterlinge, Käfer, alle Nützlinge – und blühende Vielfalt. Bienen und Schmetterlinge stünden als Sympathieträger nicht nur für schöne Naturerlebnisse, sondern für Zusammenhänge wie die für die Nahrungsproduktion notwendige Bestäubung.
Im Jahr 2012 hat Wolters in Mülheim die Bürgerinitiative für Stadtnatur und -kultur mitgegründet, aus der 2018 Wilde Biene e.V. erwuchs. Ende 2021 wurde der Verein mit dem Klimaschutzpreis der Stadt Mülheim an der Ruhr und Westenergie ausgezeichnet.
Laut Roter Liste sind mehr als die Hälfte der Schmetterlinge und der ca. 580 Bienenarten in Deutschland vom Aussterben bedroht. Die Honigbiene sei entgegen verbreiteter Auffassung nicht so bedroht wie ihre wilden Schwestern, so Wolters. Ihre Bekanntheit sei auch auf kulturelle Hintergründe zurückzuführen (Biene Maja). „Die Honigbiene hat eine Lobby“ – im Gegensatz zu den meisten anderen Bestäubern. Dabei sei gerade die Vielfalt der Bestäuber besonders wichtig, so Wolters.
Der Verein bietet Workshops an, etwa dazu, wie man eine Nisthilfe baut oder Arche- und Erlebnisbeete anlegt. „90 Prozent der auf dem Markt erhältlichen Nisthilfen sind Schrott“, sagt Wolters. Eine Nisthilfe alleine nütze noch nichts. Wichtig sei vor allem, dass auch Futter für die Bienen vorhanden ist, sie müssten sich schließlich ernähren können, eine Liste mit Nahrungspflanzen stellt der Verein.
90 Prozent der käuflichen Nisthilfen sind Schrott
Ohnehin sei der Pflanzenmarkt oft auf Exoten ausgerichtet. Durch heimische Stauden oder auch mediterrane Kräuter könne man Flächen pflegeleicht und naturnah gestalten, die Pflanzen seien zudem trockenheits- und hitzebeständig. Wolters persönlicher Favorit ist der Blumenkräuterrasen, der nur niedrig wachse und konventionell gemäht werden könne.
Im Projekt Tausende Gärten – Tausende Arten, Teil des Bundesprogramms für biologische Vielfalt, prämiert Wilde Biene besonders naturnahe und vielfältige Gärten. Ferner werden Beratung, Vorträge und Projekte angeboten.
Für die Erhaltung unserer Lebensgrundlage müsse man enger zusammenrücken: „Das birgt auch Chancen“, so Wolters, „den sozialen Zusammenhalt und Frieden zu stärken“. Dem Insektensterben könne man nur ganzheitlich begegnen, in Zusammenarbeit mit Städten und anderen Akteuren. Hier hoffe man, im Ruhrgebiet und darüber hinaus, noch Partner zu finden.
Die Stadt als Rückzugsnische
Wenn es um Natur geht, denke man immer an weite Landschaften, Felder oder Höfe. Dabei sei gerade die Stadt für Insekten bedeutend. „Es gibt in der Stadt Nischen, die auf dem Land so nicht mehr existieren“, so Wolters. Die Ästhetik müsse sich ebenfalls ändern. Gefällte Bäume beispielsweise solle man vor Ort belassen, sagt Wolters. Das gehöre zum Kreislauf dazu. Für Käfer oder die Holzbiene biete das Holz einen wichtigen Lebensraum.
Bei der Frage nach der resilienten Stadt gelte es vor allem, bereits vorhandene ökologische hochwertige Flächen („Eh da“-Flächen) zu erhalten und aufzuwerten. Flächenfraß oder Entsiegelung sei deutlich schwieriger beizukommen. Ob mit Blumenwiesen, Parks oder kleineren Grünflächen: Natur kühle die Stadt und binde CO2. Und auch der eigene Balkon kann helfen: „Jeder Blumentopf zählt“.
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