Dunkelheit, die meisten Augen sind geschlossen, die tiefen Klänge der Bassgitarre durschströmen den gesamten Körper, lassen sich auf ihrem Weg verfolgen, von den Füßen hoch bis zum Herzen. Wenige Minuten erst sind vergangen und doch fühlt es sich an, als sei man in einer anderen Welt, in der man sich, von der Musik getragen, völlig frei und entspannt fühlt.
Die Christuskirche in Bochum ist der richtige Ort für ein Zusammenkommen der internationalen Drone- und Ambient-Künstler. Kirchen besitzen immer etwas Magisches, etwas Ewiges an sich. So wirkt es umso eindrucksvoller, wenn sich die tiefen Klänge der E- oder Bass-Gitarren mit den Sounds der Effektgeräte verbinden, sich aufeinander aufbauen, bis es zum musikalischen Höhepunkt kommt. Die Akustik des Veranstaltungsortes untermalt diese Entwicklung auf einzigartige Weise.
Das eintägige Moving Noises Festival hat so manchen Fan der experimentellen Musik nach Bochum gelockt. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre: Während im Eingangsbereich Künstler und Fans zusammenkommen, sich austauschen und Kontakte knüpfen, ist der Kirchenraum der Ort, an dem die Musik für einen Moment alles dominiert. 20 Minuten oder länger performen thisquietarmy, Stratosphere und Co. mit ihren Gitarren, E-Bows und Effektgeräten in dem früheren Altarbereich der Christuskirche. Fast schon meditativ muten die langsamen Rhythmen der Stücke an. Obwohl jeder einzelne Ton festgelegt und jede einzelne Bewegung wohlüberlegt und einstudiert ist, scheint es für den Betrachter so, als würden die Künstler erst während ihres Auftrittes zu einem Gesamtkunstwerk gelangen - der Name experimentelle Musik ist also Programm.
Ein wenig befremdlich allerdings: Während der Auftritte kommt kaum Interaktion mit den Besuchern zustande. So scheinen die Musiker in ihrer eigenen kleinen Welt einzutauchen. Umgeben von Effektgeräten, Gitarren und Boxen, scheint es keine mentale Verbindung zum Publikum zu geben. Doch vielleicht macht gerade dies den Reiz dieser avantgardistisch-experimentellen Musik aus. Nicht die Performance des einzelnen Künstlers steht im Vordergrund, sondern das einzelne musikalischen Kunstwerke. Den anwesenden Soundfetischisten haben die lang nachhallenden Klängen jedenfalls dennoch ein tiefenentspanntes Lächeln auf die Lippen gezaubert.
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