Den Konsumrausch im Dezember überlebt? In der Musikbranche gilt nicht nur vor Weihnachten ‚mehr-ist-mehr‘ – ob perfekter Oberflächenpop oder Avantgarde: So gab es zuletzt Prince‘ Klassiker „1999“ von 1982 als Super Deluxe Edition (5 CD- oder 10 LP-Version mit DVD und ca. 30 bislang unveröffentlichten Stücken), das Debüt „Y“ von 1979 der Punk-Funk-Free Jazz-Ikone The Pop Group in der Super Deluxe Definitive Reissue auf 4 LPs, das Reunion-Album „Part Two: The Endless Not“ von 2005 der Begründer des Industrial Throbbing Gristle (inklusive EP „TG: Now“ und Konzert als 3-fach Album), a-ha‘s Debütalbum „Hunting High and Low“ von 1985 (4-Fach-CD mit 60-seitigem Buch) oder – alle festhalten – das 90er-Jahre-Werk des Kölner Techno-Konzeptionalisten Wolfgang Voigt und all seinen Pseudonymen auf einem Stick mit 303 Tracks, davon über 70 bislang unveröffentlicht. Kritische Ausgaben für die Feinanalyse! Aber woher die Zeit nehmen, das alles in Ruhe anzuhören?
Aber niemand wird gezwungen, die Super-XL-Deluxe-Boxen zu kaufen. Das gilt auch bei aktueller Musik. Bei den zu Unrecht viel zu unbekannten deutsch-britischen Avant-Poppern The Chap ist das ganz einfach: Es gibt gar keine Deluxe-Version ihres neuen Albums „Digital Technology“. Da sind einfach nur zehn tolle Stücke mit schwebendem Digital-Pop. Aber auch ganz viel Klein- und Vielteiliges fliegt einem hier um die Ohren – immer mit euphorischen Glanzlichtern versetzt (Lo Recordings/Staatsakt). ADHS-Alarm gilt für die neuen Produkte aus dem Hause Warp: „II“ von TNGHT alias Hudson Mohawke und Lunice ist fröhlicher Kinderzimmer-Trap. Und auf „Be Up a Hello“ von Squarepusher gibt es nerdige High Speed-Fusion-Frickelei. Beeindruckend, aber auch kräftezehrend. Zur nachweihnachtlichen Tiefenentspannung empfehle ich eher das gerade wiederveröffentlichte Minimal-Meisterwerk „On the other Ocean“ von David Behrman aus dem Jahr 1977 – wie schon vor gut 40 Jahren als einfaches Vinyl-Album neu erschienen. In Klängen schwimmen… Balsam für die Seele (Lovely Music).
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