Die politische Lage in Ungarn wird von einer Kulturpolitik geprägt, die rechte Ideologien fördert und kritische künstlerische Ausdrucksformen unterdrückt. Staatliche Förderungen werden häufig an politische Konformität gekoppelt, unabhängige Kunstinstitutionen geraten zunehmend unter Druck. Gerade deshalb ist das Engagement der OFF-Biennale so bedeutsam: Die Plattform schafft Freiräume für Kunst, die gesellschaftliche Konflikte beleuchtet und Minderheiten, Umweltfragen sowie soziale Gerechtigkeit thematisiert.
Eine Frage der Haltung
Die OFF-Biennale wurde 2015 als basisdemokratische Bewegung gegründet und verfolgt seitdem das Ziel, die Unabhängigkeit und Wirkung der lokalen Kunstszene zu stärken. Als bewusst nicht staatlich geförderte Plattform schützt sie sich vor politischer Einflussnahme und Zensur. Wie es auf der offiziellen Homepage heißt: „OFF hat sich niemals um öffentliche Mittel in Ungarn beworben und die Zusammenarbeit mit staatlichen Kunstinstitutionen vermieden, eine Haltung, die … als unumgänglich erachtet wird, um die freie Meinungsäußerung und professionelle Integrität aufrechtzuerhalten.“
Die finanzielle und organisatorische Unabhängigkeit gibt Künstler:innen die Freiheit, kritisch und ungehindert gesellschaftlich relevante Themen zu bearbeiten. Die Biennale versteht sich damit „radikal politisch“ und nimmt Stellung gegen nationalistische und autoritäre Entwicklungen. Beispielsweise hinterfragte die diesjährige Ausgabe unter dem Titel „Poems of Unrest“ künstlerisch, welche Rolle der Begriff „Sicherheit“ in der Öffentlichkeit spielt. Inspiriert von einer Arbeit des Künstlers Robert Gabris setzten sich Roma-, LGBTQ+- und weitere Künstler:innen mit Diskriminierung und gesellschaftlichen Ängsten auseinander.
Finanzielle Probleme
Für die Künstler:innen bedeutet das OFF-Modell vor allem Schutz vor politischer Einflussnahme und die Möglichkeit, politisch kritisch zu agieren. Allerdings bringt der Verzicht auf staatliche Fördermittel auch finanzielle Herausforderungen mit sich. Viele sind auf internationale Förderungen, private Spenden oder Crowdfunding angewiesen, was insbesondere für junge und experimentelle Kunstschaffende eine Hürde darstellen kann. Gleichzeitig fördert die OFF-Biennale die Vernetzung der unabhängigen Kunstszene und mit internationalen Partner:innen als Gegenpol zur staatlichen Kulturpolitik freie Meinungsäußerung und stärkt die Widerstandskraft gegen politische Repressionen. Die OFF-Biennale ist ein Beispiel dafür, wie Kunst trotz widriger Umstände für eine freie Gesellschaft kämpft.
Gleichzeitig spitzt sich auch in den USA die Lage dramatisch zu: Die Regierung Donald Trumps möchte staatliche Museen kontrollieren und auf „spaltende oder parteiische“ Narrative überprüfen. Sie schränkt damit die Freiheit der Kunstinstitutionen massiv ein, was als Teil eines antidemokratischen Kulturkampfs verstanden wird. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán gilt als ein politisches Vorbild Donald Trumps.
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Kulturschock
Intro – Kunst & Kultur
Unbezahlbare Autonomie
Teil 1: Leitartikel – Die freie Theaterszene ist wirtschaftlich und ideologisch bedroht
„Ich glaube schon, dass laut zu werden Sinn macht“
Teil 1: Interview – Freie Szene: Die Geschäftsführerin des NRW Landesbüros für Freie Darstellende Künste über Förderkürzungen
Zwischen Bar und Bühne
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Neuland als kulturelles Experiment im Bochumer Westend
Inspiration für alle
Teil 2: Leitartikel – Wer Kunst und Kultur beschneidet, raubt der Gesellschaft entscheidende Entwicklungschancen
„Mich hat die Kunst gerettet“
Teil 2: Interview – Der Direktor des Kölner Museum Ludwig über die gesellschaftliche Rolle von Museen
Kultur am Kipppunkt
Teil 2: Lokale Initiativen – Bruno Wenn vom Kölner Kulturrat über die Lage der städtischen Kulturhäuser
Der Kulturkampfminister
Teil 3: Leitartikel – Wie Wolfram Weimer sein Amt versteht
„Kultur muss raus ins Getümmel“
Teil 3: Interview – Philosoph Julian Nida-Rümelin über Cancel Culture und Demokratie
Querschnitt der Gesellschaft
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Kulturbüro Wuppertal als Partner der freien Szene
Was hat Kultur denn gebracht?
Eine Erinnerung an Nebensächliches – Glosse
Nicht mit Rechten reden
Der „cordon sanitaire médiatique“ gibt rechten Parteien keine Bühne – Europa-Vorbild Wallonien
Stoppzeichen für Rassismus
Die Bewegung SOS Racisme – Europa-Vorbild: Frankreich
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Senioren und Studenten müssen warten
Das Wohnprojekt Humanitas Deventer verbindet Generationen – Europa-Vorbild: Niederlande
Feierabend heißt Feierabend
Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
Ausgespielt!
Spielautomaten aus Kleinstädten verbannt – Europa-Vorbild: Rumänien
Zum Herzen durch Verstand
Wie Deutschlands Erinnerungskultur ein NS-Opfer vom Hass abbrachte – Europa-Vorbild Deutschland
Mitregieren per Zufall
Wie Bürger:innenräte die irische Demokratie fit halten – Europa-Vorbild Irland
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
Unglaublich, aber essbar
Todmorden und die Idee der „essbaren Stadt“ – Europa-Vorbild England
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Soziale Energiewende
Klimaschutz in Bürgerhand: Das Energy Sharing – Europa-Vorbild: Österreich
Exorzismus der Geisternetze
Bekämpfung von illegaler und undokumentierter Fischerei – Europa-Vorbild: Italien
Fessel für die Freiheit
Elektronische Fußfessel für häusliche Gewalttäter – Europa-Vorbild: Spanien