Der Platz war eng geworden auf der Bühne des Essener Katakomben-Theaters. Ein Rudel Musiker namens „The Dorf“ hatte zum Schluss des dreitätigen JOE-Festivals den Schauplatz eingenommen. Das lose Kollektiv, das seit 2006 mit dem traditionellen Jazz-Format der Big-Band experimentiert, hinterließ ein von Fanfaren und Powerplays berauschtes Publikum.
Ein krönender Abschluss am Sonntagabend für die Veranstalter von der Jazz-Offensive-Essen. John-Dennis Renken, seinerseits „Dorf“-Mitglied und mit Patrick Hengst Festivalorganisator, sprach von „sehr guten“ Besucherzahlen am Freitag und Samstag. Dass es am Sonntag etwas weniger wurden, läge daran, dass viele mit dem Wetter zu kämpfen gehabt hätten, so Renken gegenüber dem trailer.
In der Tat war mit Carlos Bica und seinen Mannen um AZUL, Frank Möbius und Jim Black bereits am Freitagabend ein dickes Ausrufezeichen gesetzt worden, während am Samstag mit dem Emile Parisien Quartett eine der renommiertesten Jazz-Gruppen Frankreichs spielte.
Ein versöhnlicher Abschluss für das Festival, das in seinem Programm zeigen wolle, „was in Deutschland und Europa los ist“, wie John-Dennis Renken betont. Dennoch musste auch das JOE-Festival vor einem Jahr mit den geplanten Kulturkürzungen in Essen rechnen. Erst nach einem persönlichen Termin mit dem Bürgermeister konnten John-Dennis Renken und Patrick Hengst die Kürzungen abwenden.
Der Druck von Seiten der Kulturtreibenden soll in Essen derweil verschärft werden. Gegen die Sparmaßnahmen im Kultursektor ist nun eine Unterschriftenaktion gestartet worden. Ziel ist es, genügend Stimmen zu sammeln, um einen Bürgerentscheid über die Sparpläne zu forcieren.
Trotz der finanziellen Hängepartie bringen Renken und Hengst weiter auch experimentelle Formationen wie das Quartett POL auf die Bühne. Hier werden Melodien und Rhythmen zerspielt und überleben, wenn überhaupt, in losen Andeutungen und Schichten von Klangfetzen. POL-Mitglied und Soundtüftler Achim Tang nennt diese Methode des Spielens „Verflechtungen“. Für John-Dennis Renken sind diese Facetten der improvisierten Musik wichtig, ganz gleich, ob sie massentauglich sind oder nicht: „Das ist das Ding: Man muss die Leute auch mal fordern und akzeptieren, wenn sie raus gehen und Wein trinken“, so Renken.
Der Weglaufrate bei POL und der anschließenden, nicht weniger experimentellen Formation um den Drummer Christian Thomé „a si & twice no“ ist aber überschaubar gering. Das Publikum des JOE-Festivals scheint hieran gewöhnt zu sein. Es wirkt fast selbst wie ein offenes, quicklebendiges Dorf.
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