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ComedyArts Arena
Foto: Sparkasse am Niederrhein

„Der Niederrhein ist fast schon Holland“

27. Juni 2013

Holger Ehrich über das ComedyArts Festival und sein „Duo Diagonal“ – Über Tage 07/13

trailer: Herr Ehrich, seit sieben Jahren sind Sie der Künstlerische Leiter des ComedyArts Festival Moers. Warum machen Sie das?
Holger Ehrich:
Für mich ist diese Aufgabe zugleich Riesenehre und großer Spaß. Das Festival hat seit fast 40 Jahren Kultstatus – beim Publikum und in der Szene. Ich habe dadurch die Möglichkeit, sensationelle Künstler aus der ganzen Welt einzuladen.

Und Moers ist kulturell der Nabel der Welt?
Moers ist überraschenderweise eine kleine Kulturhauptstadt. Es gibt unter anderem das Schloßtheater, das renommierte Moers-Festival, unser Festival, und die nächste Generation rückt nach mit dem freefall festival.

Woran liegt das? Ist der Kulturboden am Niederrhein besonders fruchtbar?
Die Geschichte des ComedyArts Festivals reicht ja schon sehr lange zurück. Deshalb mögen da andere mehr Auskunft geben können. Fest steht, dass bei uns der Spagat zwischen Programm jenseits des Mainstreams und Publikumserfolg funktioniert.

Wie wird die Zukunft des Festivals aussehen?
Im nächsten Jahr steht ein größerer Umbruch an. Das Festival fand 37 Jahre lang in immer größeren Open Air-Arenen statt, aktuell haben wir 1.700 Plätze zur Verfügung. Nächstes Jahr werden wir in eine Halle umziehen. Damit geht schon ein Teil des besonderen Flairs verloren. Ich sehe aber in diesem Aufbruch auch Chancen. In diesem Jahr gibt es so die allerletzte Gelegenheit, das Festival an seinem angestammten, spektakulären Spielort zu erleben.

Sie sprachen von internationalen Gästen. Präsentieren Sie auch Künstler aus der Gegend?
Die Mischung macht’s: Ein Schwerpunkt sind Produktionen aus der internationalen Festivalszene, die man hier selten zu sehen bekommt. Diesmal moderieren aber Leute aus der Gegend: Knacki Deuser aus Köln, am anderen Abend Wolfgang Trepper. Der ist sogar in Duisburg geboren.

Bei Ihren internationalen Gästen spielen Texte wohl weniger eine Rolle?
Genau. Der Fokus des Festivals liegt auf unkonventionellen Produktionen, die den Begriff Entertainment sehr weit fassen. Vom derben Provokateur bis zu feinster Kunst kann alles dabei sein – an einem Abend! Täglich liefern wir ein ziemliches Mammutprogramm.

Was erscheint Ihnen besonders spektakulär?

Holger Ehrich
Foto: Yala Pierenkämper
Holger Ehrich (45) ist Künstlerischer Leiter des „Internationales ComedyArts Festival Moers“.

Da ist die Auswahl schwierig. Spontan fällt mir „Ockham’s Razor“ ein, die eine Art Tanztheater in der Luft zeigen. Die Darsteller werden überhaupt nicht den Boden berühren. Ich bin sehr froh, dass wir diese weltweit gefeierte Produktion in das kleine Moers holen konnten.

Haben Sie einen persönlichen Bezug zu Moers?
Ich bin tatsächlich in Krefeld geboren. Moers ist also irgendwie fast eine Rückkehr zu meinen Wurzeln, ich bin aber immer noch in Bochum ansässig.

Sie selbst sind ja auch Künstler.
Das stimmt, ich bin die eine Hälfte des Duos Diagonal und in dieser Funktion auch Gast auf internationalen Festivals. Ich hole öfters Künstler nach Moers, mit denen ich zusammen schon einmal auf einer Bühne gestanden habe.

Was macht das „Duo Diagonal“?
Wir sind irgendwie zwischen den Genres angesiedelt. Für Kabarett reden wir zu wenig, für Pantomime zu viel. Aber der eigene Stil macht uns aus. Wenn wir die Probleme zwischen den Geschlechtern darstellen, dann ist das oft plastischer, als wenn nur eine Einzelperson davon erzählt. Manches wird regelrecht handfest auf der Bühne ausgetragen. Da kommt es auch schon mal zu einer Schlägerei.

Sie sind mit dem „Duo Diagonal“ international unterwegs?
Wir konnten etwa in Japan und Korea auftreten, weil bei uns die Sprache nicht im Mittelpunkt steht, aber auch bei den Nachbarn in der Schweiz. Es ist interessant, das unterschiedliche Humorverständnis der Menschen zu erleben. In Japan darf man nur lachen, wenn es vorher ausdrücklich erlaubt wurde. Dann aber sind die Japaner hemmungslos. Sie johlen und toben viel mehr als hier.

Und so funktioniert der Schweizer auch?
Nein, der Schweizer lacht nicht auf Ansage. Den muss man emotional packen.

Es gab für Sie auch ein Leben vor dem „Duo Diagonal“?
Ich habe in Bochum Medienwissenschaften studiert, gleichzeitig habe ich im Kindertheater „Schlapp & Gurke“ gespielt und auch ernstes Theater, unter anderem zusammen mit meinem Kollegen Hennes Bender, der sich ja inzwischen ganz dem komischen Fach verschrieben hat. Beim WDR habe ich lange die Regie einer ziemlich schrägen Hörspielreihe gemacht. Ich bin gern in vielen verschiedenen Bereichen aktiv.

Haben Sie einen Bezug zum Ruhrgebiet?
Mein Vater hat bei Thyssen gearbeitet, also habe ich ein eigenes Verständnis von „Industriekultur“. Trotzdem fühle ich mich, obwohl ich schon lange in Bochum lebe, immer noch als Zugereister, obwohl die Eingeborenen einen hier offener aufnehmen als woanders.

Sie wohnen in Bochum und arbeiten in Moers. Gibt es zwischen den beiden Orten kulturelle oder ethnologische Unterschiede?
Der Rhein bildet schon eine kulturelle Demarkationslinie. Der Niederrhein ist ja fast schon Holland, und das Ruhrgebiet ist eben das Ruhrgebiet. Das Pendeln zwischen diesen beiden Seiten macht schon Spaß.

Comedy Arts Festival Moers | 16.-18.8. | www.comedyarts.de

INTERVIEW: LUTZ DEBUS

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