Die Verwaltung hat es eingebrockt, die Künstler und das Publikum müssen die Suppe auslöffeln. In diesem Fall könnte sich jedoch ein Nachteil in einen Vorteil wenden. Das Tanzfestival SoloDuo NRW + Friends wechselt seinen angestammten Veranstaltungsplatz vom Herbst ins Frühjahr. Die immer wieder verschobenen Haushaltsbeschlüsse der Öffentlichen Hand bringen die Freie Szene in allen künstlerischen Sparten Jahr für Jahr an den Rand der Existenz. Wann kommen die zugesagten Fördergelder? Eine Frage, die scheinbar über Roulette-Modus beantwortet wird. Der Veranstaltungslandschaft beschert diese Tatsache einen Herbst, in dem die Premieren oftmals zeitgleich an diversen Orten stattfinden, so dass sich die Gruppen zwangsläufig harte Konkurrenz bescheren. Im Frühjahr bieten die Tanzkalender hingegen nur schmale Kost.
Nun rückt das SoloDuo Festival in den Mai (27.-29.5.) und sowohl die Stadt Köln als auch das Land NRW haben ihre Unterstützung bis über den Tag hinaus für Barnes Crossing, das Produktionszentrum in Köln-Rodenkirchen, zugesagt. Ein Festival, das ideal auf Publikumsbedürfnisse zugeschnitten ist. An zwei Abenden können 24 Produktionen gezeigt werden, wobei die zehn Soli jeweils eine Höchstdauer von sechs Minuten und die 14 Duette neun Minuten umfassen. Neben deutschen Teilnehmern werden Künstlerinnen aus den Niederlanden, Belgien, Österreich und Schweden erwartet. Kuratiert wird das Festival von den Choreografen Ilona Pászthy und Kristóf Szabó, zwei gebürtigen Ungarn, die unabhängig voneinander seit vielen Jahren mit ihren Kompanien in Köln ansässig sind. Die Idee zum Festival stammt aus Budapest, dessen SoloDuo Festival schon seit über zwei Jahrzehnten existiert. In Ungarn besitzt der moderne Tanz allerdings wieder Skandalpotenzial, da die staatliche Förderung vor allem auf Ballett und Volkstanz setzt. Die Gewinner des Festivals in Köln werden nach Budapest eingeladen und räumten auf diesem ungleich größeren Festival seit 2011 jeweils den 1. Preis ab.
Die portugiesische Gewinnerin des letzten Jahres, Carla Jordao, wird 2016 ihre neue Produktion vorstellen, die sich mit körperlichen Erfahrungen beschäftigt, die im somnambulen Zustand gewonnen werden. Aus Pakistan, wo moderner Tanz mit einem totalen Verbot belegt ist, kommt Suhaee Abro mit ihrer Choreografie „Said and Done“, die einer Komposition des deutschen Pianisten Nils Frahm folgt und von der Begegnung und gegenseitigen Entdeckung eines Paars erzählt. Nach den tierischen Anteilen im Menschen forscht die Israelin Roni Chadash in ihrer Produktion „Ani-Ma“. Die Gestalt der Medusa greift die gebürtige Bosnierin Vesna Jokic auf, um in ihrer Tanz-Installation die Rolle der Frau in einer patriarchalen Gesellschaft zu reflektieren. Diskussionen und Workshops zählen zum Programm in Barnes Crossing, dessen romantisches Areal zu Begegnungen mit internationalen Künstlern einlädt.
SoloDuo Tanzfestival | 27.-29.5. | Barnes Crossing, Köln-Rodenkirchen | www.barnescrossing.de
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