Andy Warhol looks a scream
Hang him on my wall
Andy Warhol, Silver Screen
Can’t tell them apart at all
Höhnisches Grinsen hat Konjunktur. Als ich versucht habe, vor gar nicht all zu langer Zeit einen ziemlich neuen Bootsanhänger umzumelden, habe ich das selbst erlebt. Der alte Musiker aus Norddeutschland, von dem ihn erworben habe, hatte vor drei Jahren schlicht übersehen, dass die Dienststelle ein Dokument zwar kopiert, aber nicht an ihn zurückgegeben hatte. Er übergab mir zwar den Fahrzeugschein, aber eben nicht dieses blöde Dokument, das ich nach einigen Autobahnkilometern zwar als Kopie von der besagten Dienststelle, aber eben nicht mehr im Original erhielt. Natürlich wusste man dort von nichts. Im Kopierer liegengeblieben? Kann nicht sein. Wir sind eine Behörde. Und wie kann ich den ummelden? Höhnisches Grinsen. Klar. Mein Problem.
Das Gleiche passiert Bahnreisenden, wenn Gewerkschaften streiken, das Gleiche passiert, wenn Künstler preiswerte Ateliers in nordrheinwestfälischen Kommunen suchen. Alle Quadratmeter, die dafür in Frage kämen, sind längst an sogenannte Investoren verhökert worden. Da grinsen dann beide Parteien mal etwas höhnisch. Kunst, Theater, Kultur im weitesten Sinne, das sind freiwillige Leistungen, die Kämmerer sehr gern und willig zusammenkürzen, um in den Genuss des NRW- Konsolidierungspakts zu kommen, der aber einen rigorosen Sparkurs verlangt. Und: Bis spätestens zum Jahr 2021 muss ein Haushaltsausgleich dann aus eigener Kraft erreicht werden. Wer nun glaubt, dass die Krämer nun das tun, was alle großen Unternehmen tun, wenn sie sparen müssen, nämlich alles überflüssige Personal abbauen, hat sich geschnitten. Immer noch fristen lebende Bleistiftanspitzer und fast pensionierte Kaffeekocher ein lukratives Dasein in den Ämtern. Höhnisches Grinsen: Gehen sie mal morgens in ein Rathaus und stoßen sie unaufgefordert ein paar Türen auf! Sie werden sich wundern. Nur bei der Polizei scheint die „Einsparung“ zu funktionieren, leider.
Nun fegt momentan ein Disput durch NRW. Ein Unternehmen macht das, was allen Ortes verlangt wird, es will sich aus eigener Kraft sanieren. Allerdings muss es dazu, wie die Kommunen auch, etwas „Tafelsilber“ vergolden. Aber, und deshalb auch die Pseudo-Aufgeregtheit im Land, es sind zwei Bilder, die das Casino in Aachen bei Christie‘s in New York unter den Hammer bringt. Schätzpreis 100 Millionen Euro (für beide), in den 70ern kosteten die noch rund 400.000 Deutsche Mark. Ein schicker Gewinn und irgendwie auch clever angelegtes Geld, wenn die Andy Warhols auch eher als Deko für die Spielsüchtigen gekauft wurden. Dreimal Elvis, viermal Brando blieben nicht lange hängen, landeten im Depot. Gesehen hat sie niemand. Irgendwie gehört die Spielbank über die NRW-Bank ja auch dem Land, aber sowas den Bürgern zeigen? Höhnisches Grinsen ist angesagt. Und jetzt rocken sie plötzlich. Die Kulturstiftung NRW, die den Arrivierten die Millionen hinterherwirft, die Landesregierung, die mit Kultur nicht viel am Hut hat, selbst die Museen, die auch gern mal das ein oder andere verkaufen würden (zu Recht!). Alle protestieren mit Brandbriefen und in Interviews. Heuchler vor dem Herrn. Höhnisches Grinsen. Also meinen Warhol können sie haben – für 50 Millionen Euro. Sofort.
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