Nur ein einziges Mal hat sich Richard Strauss an eine komische Oper gewagt. 1935 erlebte „Die schweigsame Frau“ eine erfolgreiche Uraufführung und verschwand dann schnell in der Versenkung. Die Nazis hatten dafür gesorgt, weil Strauss den Namen des jüdischen Librettisten Stefan Zweig nicht unter den Teppich kehren wollte. Alle Wiederbelebungsversuche nach dem Krieg blieben weitgehend vergeblich. „Die schweigsame Frau“ ist auf kaum einer Opernbühne zu finden. Das Essener Aalto-Theater startet nun einen neuen Versuch. Regisseur Guy Joosten hat sie neu inszeniert und ist sich bewusst, dass Straussens Humor eher speziell war.
„Man muss Strauss schon kennen, damit es lustig wird“, hatte Joosten vor der Essener Premiere gesagt. Als Vorab-Entschuldigung muss man das glücklicherweise nicht verstehen, denn Joosten zieht wahrlich alle Register, um den drei Aufzügen ein Höchstmaß an Komik zu entlocken. Herausgekommen ist eine schrille, bunte Version, die wirkungsvoll und gekonnt mit Filmzitaten und Elementen der Commedia dell´arte gewürzt ist.
Die Regie musste sich dafür gar nicht groß verrenken, denn die Geschichte liefert bereits erstklassige Ansätze. Hauptfigur ist der alte Kapitän Morosus, der bei seinen Seefahrten offenbar allerhand Dublonen eingeheimst hat. Joosten und Ausstattungs-Altmeister Johannes Leiacker zeigen eine ergraute Version des Kino-Piraten Jack Sparrow, der auf einer Insel in seiner Schatztruhe haust. Darum herum wuselt die Haushälterin in einem papageienbunten Glitzerkostüm, welches gut aus dem Fundus des DDR-Fernsehballetts stammen könnte, und feudelt die Kakteen ab. Leider kann sie nie die Klappe halten, was der alte Pirat schon deshalb kaum ertragen kann, weil er vom lauten Kanonendonner ein Problem mit seinen Ohren hat.
Eine schweigsame Frau soll her – möglichst jung und folgsam. Die schüchterne „Timidia“ scheint genau zu passen, doch in Wahrheit ist sie die verkleidete Ehefrau des enterbten Neffen, die dem Alten eine Lektion erteilen soll. Die Geschichte nach einer englischen Komödie aus dem 17. Jh. hat es mehrfach auf die Opernbühne geschafft. Deutlich bekannter als Straussens Version ist Donizettis „Don Pasquale“. Zweigs Libretto hat mehr Tiefgang, aber auch mehr Längen. Eine spritzige Komödie ist es nicht.
Vor allem Strauss-Fans dürfte die Essener Inszenierung locken, und die werden auch musikalisch nicht enttäuscht. Dirigent Martyn Brabbins leitet die Essener Philharmoniker mitunter mit leicht angezogener Handbremse. Das ist gut für einen differenzierten Klang und schont die Sänger, die solche Rücksichtnahme allerdings kaum nötig haben. Allen voran dominiert Franz Hawlata als alter Pirat den Abend. Eigentlich ist er viel zu cool und charismatisch, um als einfältiger Alter durchzugehen. Seine stimmliche und physische Präsenz ist enorm. Julia Bauer ist als vermeintlich „schweigsame Frau“ eine ebenbürtige Partnerin, die sehr schön zwischen der lammfrommem Timidia und der kratzbürstigen Aminta changiert.
„Die schweigsame Frau“ | 1.4., 22.4., 24.4., 30.4. je 19.30 Uhr, 4.4. 19 Uhr, 19.4. 16.30 Uhr | Aalto-Theater, Essen | 0201 812 22 00
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