trailer: Herr Eiskirch, welche Auswirkungen hat Fukushima auf die Wirtschafts- und Energiepolitik in NRW?
Thomas Eiskirch: Gegen Atomkraft gab es zwar schon lange eine breite Mehrheit bei den Menschen, aber eben nicht in der Politik. Was Risikotechnologie konkret bedeutet haben jetzt auch die größten Ignoranten bemerkt. Der Weg raus aus der Atomenergie ist meines Erachtens nun unumkehrbar geworden. Die Katastrophe von Fukushima wirkt natürlich auch auf die Energieversorger. Insbesondere bei vielen Stadtwerken und kleinen und mittleren Versorgern ist der Wille, künftig vollständig auf Atomenergie zu verzichten, nun klar erkennbar. Die großen Vvier brauchen noch Lernhilfen.
Gibt es überhaupt noch jemanden, der sich traut, Atomenergie zu propagieren?
Ich bin mir nicht sicher, ob diejenigen, die nun die Seite wechseln und neuerdings für einen Ausstieg plädieren, dies auch auf Dauer und mit Nachdruck tun. Aber der Druck aus der Bevölkerung wird bleiben. Klar ist: Die nun abgeschalteten Reaktoren dürfen nicht wieder ans Netz kommen. Die anderen müssen noch in diesem Jahrzehnt abgeschaltet werden.
Und wie erzeugen wir in der Zukunft Strom?
Ganz klar erneuerbar. Es gibt unendlich viel Energie. Die Herausforderung ist es nun, mit den entsprechenden Techniken diese auch nutzen zu können – am richtigen Ort und zur richtigen Zeit. Damit sind wir bei Netzen und Speichern. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass wir für eine begrenzte Zeit weiterhin fossile Energieträger brauchen. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir die alten Kraftwerke vom Netz nehmen und neue ans Netz bringen, die sauberer und effizienter sind. Zug um Zug. Das hat beispielsweise RWE im Braunkohlerevier schlicht und ergreifend nicht eingehalten. Dort wurden neue gebaut, die alten aber nicht abgeschaltet.
Welchen Beitrag können die Stadtwerke im Ruhrgebiet zu einer Energiewende leisten?
Die Stadtwerke haben eine wichtige Rolle. Vor Ort können Veränderungen auch im Kleinen leichter angegangen werden. Die Stadtwerke können zum Beispiel ihren Kunden Ökostromangebote unterbreiten und selber dafür sorgen, dass sie den Atomstrom aus ihrem Strom-Mix werfen.
Aber die Stadtwerke im Ruhrgebiet bekommen Strom von RWE, also bis vor kurzem auch aus Biblis.
Ja, das ist ein Problem. Die Stadtwerke kaufen bei den vier großen Produzenten, die mit ihrem Oligopol den Markt beherrschen, ihren Strom ein. Bei denen gibt es aber bis heute nicht die Möglichkeit, nur atomstromfreien Strom zu kaufen. Die haben sich bislang erfolgreich verweigert. Hier hilft glaube ich nur Druck. Wenn immer mehr Stadtwerke – und vor allem deren Kunden - sagen, wir nehmen nur noch atomenergiefreien Strom, dann sind die Großen gezwungen, darauf einzugehen. Hier muss Marktmacht erzeugt werden - im Ruhrgebiet sind wir dabei, das zu organisieren.
Gibt es nirgendwo sonst Strom zu kaufen?
Ein Verbund von Ruhrgebietsstadtwerken hat vor kurzem den Kraftwerksbetreiber STEAG gekauft und kann somit jetzt selbst Strom produzieren. Auch Trianel, ein Stadtwerkeverbund, produziert Strom. All das macht die regionalen Versorger unabhängiger von den großen Energiekonzernen. Und das ist dringend notwendig.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Vom Ölbaron zum Ökohelden
Die Solarbranche wirbt sogar mit dem Dallas-Schurken - Thema 05/11
Aus Schwarz wird Grün?
Bergehalden könnten bald mit Windrädern und Energiespeichern ausgestattet werden - Thema 05/11
„Auf Atomstrom kann verzichtet werden“
Peter Blenkers über die Macht des Konsumenten - Thema 05/11
Energiewende: Bitte umsteigen!
Der Schlüssel für eine ökologische Energiewende ist die Stärkung regionaler Strukturen - THEMA 05/11
Ablenkungsversuch
Intro – Hab’ keine Angst
Keine Panik!
Teil 1: Leitartikel – Angst als stotternder Motor der Vernunft
„Nicht nur ärztliche, sondern auch politische Entscheidung“
Teil 1: Interview – Psychiater Mazda Adli über Ängste infolge des Klimawandels
Weltweit für Menschenrechte
Teil 1: Lokale Initiativen – Amnesty International in Bochum
Angst über Generationen
Teil 2: Leitartikel – Wie Weltgeschehen und Alltag unsere Sorgen prägen
„Psychische Erkrankungen haben nichts mit Zusammenreißen zu tun“
Teil 2: Interview – Psychologe Jens Plag über Angststörungen
Sorgen und Erfahrungen teilen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Kölner Verein Rat und Tat unterstützt Angehörige von psychisch kranken Menschen
Wie die AfD stoppen?
Teil 3: Leitartikel – Plädoyer für eine an den Bedürfnissen der Mehrheit orientierte Politik
„Das Gefühl, dass wir den Krisen hinterherjagen“
Teil 3: Interview – Miriam Witz von Mein Grundeinkommen e.V. über Existenzängste und Umverteilung
Gefestigtes Umfeld
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertals Verein Chance 8 fördert Chancengleichheit für Kinder
Soziale Bakterien
Den Ursprüngen sozialer Phobien auf der Spur – Europa-Vorbild: Irland
Im Sturm der Ignoranz
Eine Geschichte mit tödlichem Ausgang – Glosse
Gelassen ernst
Intro – Unheimlich schön
Im Namen der Schönheit
Teil 1: Leitartikel – Über körperliche Wunschbilder und fragwürdige Operationen
„Ausstrahlung ist mehr als die äußere Erscheinung“
Teil 1: Interview – Psychoanalytikerin Ada Borkenhagen über Schönheitsoperationen
Damit eine grausame Tradition endet
Teil 1: Lokale Initiativen – Düsseldorf: Verein stop mutilation gegen weibliche Genitalbeschneidung
11 Millionen Eitelkeiten
Teil 2: Leitartikel – Fitnessstudios: zwischen Gesundheitstempeln, Muckibuden, Selbstverliebtheiten und Selbstgeißelung?
„Sport wird instrumentalisiert, um positive Emotionen zu empfinden“
Teil 2: Interview – Sportpsychologin Jana Strahler über Sportsucht
Leistung ist nicht alles
Teil 2: Lokale Initiativen – Initiative an der Deutschen Sporthochschule fördert psychische Gesundheit
Ist Schönheit egal?
Teil 3: Leitartikel – Zwischen Body Positivity und Body Neutrality
„Schönheit ist ein zutiefst politisches Thema“
Teil 3: Interview – Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner über Schönheitsdruck