Die Stimmen der Chöre waren lange Monate zum Schweigen verdammt. Das führte bei nicht so straff organisierten Ensembles auch schon mal zur Auflösung. Ein professionelles Unternehmen wie Chorwerk Ruhr findet immer eine Möglichkeit, die menschliche Stimme in der Kunst zum Einsatz zu bringen. Zum Fest der Alten Musik in Köln durfte der Chor bereits im Sommer eine hebräische Version einer Händel-Passion aufführen, eine Erstaufführung, bei der Chorwerk Ruhr für flammende Volksszenen sorgte – die Stimmen haben die Zwangspause unbeschadet überdauert. Ganz anders startet jetzt die Chorsaison im Bochumer Musikforum: Mit schwerem romantischen Chorsatz und mit engelsgleichen französischen Farben.
Letztere haben besonders den Dirigenten Florian Helgath, künstlerischer Leiter des Chores und seit letztem Jahr Professor an der Musikhochschule Köln, begeistert. Im aktuellen BoSy Journal wird er zitiert: „Die Musik von Gabriel Fauré ist für mich schon immer etwas sehr Besonderes gewesen: einzigartig emotional in ihrem Klang, aufwühlend und tröstend zugleich. Wenn ich diese Musik höre, trifft sie ohne Umwege direkt in mein Herz.“ Ohne Umwege, das ist eine Beschreibung, die dem Charme dieses anrührenden Werkes gerecht wird.
Fauré zeichnet hier ein friedvolles Bild vom Sterben, er lässt die Heerscharen ruhen und beschwichtigt den Zorn des Herrn beim jüngsten Gericht, dem berühmten „Dies Irae“. „Tod ohne Stachel“ lautet deshalb eine Charakterisierung dieses Stücks französischer Musik, das einzige Werk des Komponisten, das in Deutschland bekannt sein dürfte – vor allem bei Choristen. Die sind nämlich die Hauptakteure im Werk.
Zusätzlich treten zwei Solisten auf, der Wunschliste des Komponisten zufolge eine Kantorenstimme in Baritonlage und ein Solist des Knabenchores, den Fauré als „unschuldige Stimme von durchweg sanfter Stimmung“ beschreibt. Der kleine Sänger kommt von der Chorakademie Dortmund, die Baritonpartie übernimmt Ludwig Mittelhammer.
Mit dem Chorwerk Ruhr hat der gebürtige Regensburger Helgath, selbst einst ein Domspatz, schon das Deutsche Requiem von Johannes Brahms auf CD eingespielt. Jetzt beschäftigt er sich mit „Nänie“, einer zehn Jahre nach dem Brahms-Requiem entstandenen Vertonung eines Gedichts von Friedrich Schiller. Hier stirbt das „Schöne“ an sich. Und das klingt selbst sehr schön.
BoSys und Chorwerk Ruhr | 31.10. 16 Uhr (Anneliese Brost Musikforum Ruhr), 1.11. 17 Uhr (Philharmonie Essen) | 0234 910 86 22
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