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Beim Psycho Slam an der RUB ging nicht nur auf dem Campus ein Lichtlein auf
Foto: Benjamin Trilling

Neuro-Narzissten

26. September 2014

Psycho Slam bietet am 23.9. im Audimax der RUB kurzweiligen Einblick in die Psychologie – Literatur 09/14

Für Freud wäre der Fall klar gewesen: Narzissmus hätte der Wiener Seelenklempner, der für heutige ForscherInnen und PsychologInnen nur noch der peinliche Startschuss der eigenen Disziplin ist, wohl angesichts des bunten Treibens im Audimax diagnostiziert. Denn beim Psycho Slam im Rahmen des 49. Kongresses der deutschen Gesellschaft für Psychologie feierte das Fach, das es seit 50 Jahren an der RUB gibt, vor allem sich selbst: Blumen zierten die Bühne des ordentlich gefüllten Audimaxes, feierliches Grün rahmte das RUB-Logo ein und die Swing-Band Botticelli Baby blies beste Laune in den Saal.

Das wirkte dann fast als stolze, selbstbewusste Vorankündigung dessen, was die Psychologie in den fünf jeweils zehnminütigen Slam-Vorträgen dem Publikum in den (Analytiker-)Sesseln mitzuteilen hatte: Die Psychologie ist innovativ, hipp und weiß alles: Wir PsychologInnen können Eure Gedanken lesen. Ihr seid zu fett. Euer Gedächtnis könnte besser sein. Denn geballtes Wissen in kurzweiligen Slams war es, was die NachwuchswissenschaftlerInnen vortrugen. Fünf ExpertInnen aus unterschiedlichen Bereichen präsentierte Moderator und Kongress-Veranstalter Onur Güntürkün auf der roten Couch – „das Arbeitswerkzeug des Psychologen – von der Steuer absetzbar“.

50 Jahre Psychologie an der RUB und mehr: Es gab viel zu feiern, Foto: Benjamin Trilling

„Jo, Bochum, was geht?“, fragte Nicolas Ullmann in seinem Rap über die Intelligenz nach. Und musste feststellen, dass das Publikum nicht ganz mitzieht: „Ich muss das noch mal erläutern: Ich sage ,Jo Bochum‘ und Sie müssen abgehen!“ Nach der dezenten Ansage rockte der Intelligenzforscher mit seiner Band das Audimax mit einem Rap, der lustige Einblicke in die vielen Facetten der Intelligenz bot. Genauso unterhaltsam waren auch die anderen Vorträge: Tim Hahn zeigte, wie man mit MRT und Co. Gedanken lesen kann und Gedächtnisforscher Boris Konrad, der schon mit seinem Talent, sich etliche Zahlen und Nummern merken zu können, bei „Wetten dass“ aufgetreten ist, gab dem Publikum nützliche Tipps und Methoden, mit denen man sich besser an Termine erinnern kann – „etwa an den Hochzeitstag“.

Die Vielfalt und dunkle Seite des Fressens

Gordon Feld ging der Frage nach: „Was ist eigentlich Schlaf?“ Er kam zu dem Schluss, dass dieser enorm wichtig ist für das Gedächtnis, das dabei mitgebildet wird oder wie er es romantisch formulierte: „Die Neuronen, die zusammenfinden, die verbinden sich auch.“ Als eine lustige Präsentation verpackte die Gesundheitspsychologin Gudrun Sproesser das Thema Essverhalten: Die Fakten wurden von der Wissenschaftlerinn mit Darth Vaders Lieblingstrack, dem imperialen Marsch, untermalt. Denn es geht vornehmlich um die dunkle Seite beim Futtern, wie die Psychologin verriet: „Wir schauen uns das Essverhalten traditionell aus negativer Perspektive an.“ Wo gefuttert wird, komme auch die Pathologie mit ins Spiel: Viele spachteln etwa mehr in Stresssituationen. Mutig wird den BochumerInnen geraten: Lieber nicht so viel Currywurst.

Viel Wissen, unterhaltsam verpackt – die zahlreichen BesucherInnen erhielten einen kurzweiligen Einblick in die Psychologie. Und wer sich das Ganze nicht merken konnte, wird sich doch wieder eine Currywurst holen. Die Psychologie wird es schon überstehen. Keine narzisstische Kränkung in Sicht. Freud soll ja noch in Ohnmacht gefallen sein, als man ihm widersprach.

Benjamin Trilling

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