Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 31
1 2 3 4 5 6 7

12.554 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Kulturministerin Monika Grütters
Foto: © Deutscher Bundestag / Lichtblick/Achim Melde

Maßgeschneiderter Schutz?

29. Oktober 2015

Regierung fordert Ausnahmen für Kultur in TTIP – Theater in NRW 11/15

Es passiert selten, dass die Veranstalter einer Demo die Teilnehmerzahl nach oben korrigieren müssen. Beim Protestmarsch gegen die Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA am 10. Oktober in Berlin waren es anstatt der erwarteten 50.000 Menschen am Ende zwischen 150.000 und 250.000 Teilnehmer. Die anhaltende Kritik hat bei der Politik allerdings bereits drei Tage zuvor Wirkung gezeigt. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Kulturministerin Monika Grütters stellten ein Positionspapier der Bundesregierung vor, das erstmals Ausnahmen für den Bereich Kultur und Medien in TTIP fordert. „Die Bundesregierung tritt im Rahmen der TTIP-Verhandlungen dafür ein, dass das Abkommen keine Bestimmungen enthält, die geeignet sind, die kulturelle und mediale Vielfalt in Deutschland zu beeinträchtigen“, heißt es da. Und: „Die Bundesregierunghält passgenaue, konkrete und rechtsverbindliche Vorkehrungen für erforderlich, die präzise und ‚maßgeschneidert‘ den Schutz von Kultur und Medien in den relevanten Kapiteln des Abkommens absichern und im EU-Rahmen Chancen auf Durchsetzbarkeit haben.“

Das klingt immerhin nach einem Haltungswandel. Doch Kultur ist ein „Container-Begriff“, wie Ulrich Beck das einmal nannte. Er variiert in der Zeit, aber auch geographisch nach den jeweiligen Ländern. Darin liegt das Problem der „maßgeschneiderten“ Ausnahmen. Wie beispielsweise die deutsche Theaterstruktur „im EU-Rahmen“ zu schützen sein wird, muss man erst mal abwarten. Denn es ist eben nicht die Bundesregierung, die die Verhandlungen führt, sondern die EU-Kommission. Wichtig sind vor allem zwei Absichtserklärungen: „Ein mögliches Kapitel zum Investitionsschutz muss so ausgestaltet werden, dass eine nicht diskriminierende und nicht exzessive Maßnahme zur Sicherung der kulturellen oder medialen Vielfalt nicht als indirekte Enteignung angesehen werden kann.“ Das beträfe zum Beispiel den US-Musicalunternehmer, der sich durch ein Stadttheater in seinen Gewinnmargen beeinträchtigt sieht und vor einem Schiedsgericht klagt. Und schließlich auch der Hinweis auf die Subventionsklausel: „Daneben ist aus Sicht der Bundesregierung eine horizontale Ausnahmeklausel für Beihilfen bei Dienstleistungen erforderlich. Dies ist gängiger Standard und sichert die Möglichkeit für Fördermaßnahmen im Sinne der Kultur- und Medienvielfalt.“ Entscheidend aber dürfte aber vor allem die von der EU eingebrachte „Negativliste“ sein, die die Ausnahmen des TTIP benennt.

Inzwischen hat auch Brüssel auf die anhaltende Kritik reagiert. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kündigte an, nicht nur das Mandat, also den Verhandlungsrahmen der EU-Kommission, sondern auch TTIP-Verhandlungsdokumente zu veröffentlichen. Ob die eher restriktiven Mitgliedsstaaten dem zustimmen, ist allerdings unsicher. Den meisten Kritikern reicht das nicht, sie fordern auch einen Zugang zu den amerikanischen Dokumenten. Für Entwarnung ist es also noch viel zu früh. Immerhin: Die Kritik zeigt Wirkung.

Hans-Christoph Zimmermann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Chantal im Märchenland

Lesen Sie dazu auch:

Mit Wäscheklammern die Welt verändern
Umweltwissenschaftler Dr. Michael Kopatz am 17.1. in der GLS-Bank Bochum – Spezial 01/17

„Diese Abkommen sind undemokratisch, unsozial, unökologisch“
Alexis Passadakis von Attac über TTIP, CETA und das Klimacamp bei Köln – Spezial 08/16

Steuergerechtigkeit geht alle an
Wie Konzerne es schaffen, dem Staat und damit jedem Einzelnen Milliarden vorzuenthalten – THEMA 01/16 GERECHT STEUERN

„Wir verschärfen die aktuellen Krisen durch ungerechte Steuerpolitik“
Markus Meinzer, Finanz- und Steueranalyst, über Deutschlands Rolle als Steueroase – Thema 01/16 Gerecht Steuern

„Es geht um nichts Geringeres als um Weltherrschaft“
Von Essen nach Bochum ging es beim Ostermarsch Ruhr am Ostersonntag – Spezial 04/15

Der Verkauf der Demokratie
Vortrag von Uwe Hiksch zum TTIP im Bahnhof Langendreer

Wer zuletzt lacht...
Der öffentliche Druck gegen TTIP und CETA zeigt Wirkung – THEMA 10/14 FREIER HANDEL

„Moralische und ethische Standards werden einfach weggefegt“
Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn über ihre Probleme mit dem Freihandelsabkommen TTIP – Thema 10/14 Freier Handel

Theater.

Hier erscheint die Aufforderung!