Looking for Eric
GB/F/I/B 2009, Laufzeit: 116 Min., FSK 12
Regie: Ken Loach
Darsteller: Steve Evets, Stephanie Bishop, Eric Cantona, Lucy-Jo Hudson, Gerard Kearns, Stefan Gumbs, Justin Moorhouse, John Henshaw, Des Sharples, Greg Cook, Mick Ferry, Johnny Travis, Matthew McNulty, Laura Ainsworth, Steve Marsh, Ryan Ppoe
Als die Probleme im Leben des Briefträgers Eric Bishop mal wieder Überhand nehmen, kommt Rettung von unerwarteter Seite.
Das Leben von Eric Bishop dreht sich im Kreis. Das kann man wörtlich nehmen: Von einer Panikattacke getrieben rast er in Gegenrichtung über einen Kreisverkehr bis es kracht. Der 50jährige Eric ist kurz zuvor seiner Ex-Frau begegnet, die er seit Ewigkeiten nicht gesehen hatte. Schlagartig erinnert er sich an den größten Fehler seines Lebens: Als junger Mann hatte er sie ebenfalls in einer Panikattacke mit der gemeinsamen Tochter sitzen gelassen. Die Tochter ist inzwischen erwachsen und hat selbst ein Kind. Eric, von Beruf Briefträger, lebt hingegen unter chaotischen Umständen alleine mit zwei halbwüchsigen Stiefsöhnen aus einer späteren Beziehung. Der Ältere droht gerade ins kriminelle Milieu abzurutschen. Der Schrank mit nicht zugestellten Briefen in seinem Haus ist ein sicheres Indiz für seine Überforderung. In seiner Verzweiflung führt er Zwiegespräche mit dem Starschnitt seines großen Helden: Eric Cantona, in den 90er Jahren gefeierter Star von Manchester United. Eines Tages steht Cantona leibhaftig in seinem Zimmer. Von nun an steht ihm der Fußballer mit Rat und Tat zur Seite.
Ken Loach ist neben Mike Leigh für das sozialrealistische britische Kino zuständig. Seit über vier Jahrzehnten dreht er Sozialdramen ohne Pathos. Gerade seine letzten Filme wie „It's a free World“ waren von bedrückender Hoffnungslosigkeit. Mit „Looking for Eric“ schlägt er einen ganz anderen Ton an – es ist ein sozialrealistisches Märchen! Dass es Ken Loach schafft, diesen Widerspruch – Realismus und Märchen – spielerisch in der Schwebe zu halten, macht „Looking for Eric“ zu einem charmanten Märchen, das die Welt nicht verbiegen muss, um zu seinem Happy End zu kommen. Denn hier wird ganz klassisch an ein 'Gemeinsam-sind-wir-stark' appelliert.
So wie die beiden Erics – Eric Bishop und Eric Cantona – im Film zusammenfinden, so sind es eigentlich auch zwei Filme, die in „Looking for Eric“ zusammengefunden haben. Ursprünglich kam der 1997 aus dem Profifußball ausgeschiedene Cantona auf Ken Loach zu, weil er einen Film über das besondere Verhältnis seiner Fans zu ihm machen wollte. Der unter Kollegen als schwierig bekannte Spieler ging Anfang der 90er Jahre nach England, weil ihn kein französischer Klub mehr haben wollte. Auch aus der Nationalmannschaft ist er rausgeflogen. Die sportlichen Erfolge hingegen suchten Ihrergleichen. In England wurde er fast in jeder Saison Meister – noch heute, über zehn Jahre nach seinem Ausscheiden, singen die Fans Lieder über ihn. Nach einigen Treffen mit Loach und dem Drehbuchautor Paul Laverty kam man auf die Geschichte des Cantona-Fans Eric – beeindruckend gespielt von Steve Evets, der aus seiner Begeisterung für den Fußballstar neue Kraft schöpft. Der märchenhafte Aspekt der Geschichte ordnet sich bei Loach ganz unspektakulär dem realistischen Rahmen unter. Der Clou: Eric Cantona, der nach dem Ende seiner Fußballkarriere bereits mehrfach im Kino zu sehen war, spielt sich hier selber.
(Christian Meyer)
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
Was will der Lama mit dem Gewehr?
Start: 1.8.2024
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Was läuft im Kino?
Über die Programmierkunst echter und gespielter Helden – Vorspann 03/24
Bären für NRW-Filme?
21. NRW-Empfang im Rahmen der 74. Berlinale – Foyer 02/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Prognose: Lachstürme
Die Komödie findet endlich ins Kino zurück – Vorspann 02/24