
Late Night – Die Show ihres Lebens
USA 2019, Laufzeit: 102 Min., FSK 0
Regie: Nisha Ganatra
Darsteller: Emma Thompson, Mindy Kaling, John Lithgow
>> late-night-film.de
Hintergründige Mediensatire
Frauen auf der Überholspur
„Late Night“ von Nisha Ganatra
Emma Thompson ist eine von diesen wertvollen Schauspielerinnen, die der Welt schon seit Jahrzehnten – Generationen vor #MeToo und #TimesUp – demonstrieren, dass eine Frau einen Film so wuppen kann wie ein Mann. Und zwar weil sie smart ist, nicht sexy oder niedlich. Drehbuch oder Hauptrolle, Jane-Austen-Heroine oder Zaubernanny, ganz egal. Da passt es ins Bild, dass die britische Oscarpreisträgerin sich jetzt mit einer vielversprechenden indisch-amerikanischen Kollegin zusammentut. Mindy Kaling kannten wir bisher als Sidekick aus Frauen-Ensemblefilmen wie „Ocean’s 8“ oder „Das Zeiträtsel“. Aber für „Late Night“ schrieb Kaling, selbst jahrelang Autorin für TV-Formate, nun das Skript und sich selbst neben Thompson die zweite Hauptrolle auf den Leib und produzierte. Das Ergebnis: eine schlaue, unterhaltsame Mediensatire mit zwei sehr patenten Frauen. Und einer ganzen Entourage von Männern, die ironischerweise reizende Nebensache sind, fürs dramaturgische Beiwerk zuständig: Liebe, Sex, Lacher.
Wobei die Berufswelt, in die es die farbige Quereinsteigerin Molly (Mindy Kaling) verschlägt, sich zunächst mal bedrückend männlich (und rein weiß) präsentiert, beherrscht von einer einzigen Frau an der Spitze. Seit 30 Jahren ist Katherine (Emma Thompson) das Gesicht der satirischen Late-Talkshow „Tonight with Katherine Newbury“, in ihrem Haus stapeln sich die Emmys und Golden Globes. Intern ist Katherine als Frauenhasserin und kalte Egomanin gefürchtet, die ihre Angestellten arrogant mit Nummern statt Namen anredet und fortwährend demütigt. So sinken Katherines Quoten seit Jahren, parallel zur Qualität der Gags ihrer angstschwitzenden Autoren. Erst als sie durch einen jungen (unangenehm an Mario Barth erinnernden) Comedian ersetzt werden soll, nutzt sie zähneknirschend die frischen Ideen, die Molly als neue Autorin mitbringt. Die zeigt sich entschlossen, das Image der Lieblings-Talkmasterin ihrer Jugend aufzupeppen. Und wenn hier alle noch so gemein zu ihr sind.
Sexismus am Arbeitsplatz, Comedy als Männerdomäne, die Verrohung der TV-Branche, nicht zuletzt der produktive Wettkampf zweier moderner Frauen, die hinter prickelnd stutenbissigen Dialogen ihre Bewunderung verstecken – schon im Skript komponiert Kaling das zu solidem Screwball. Und unter „The Hunters“-Regisseurin Nisha Ganatra fängt Emma Thompson Kalings Pointenbälle spielend auf. Katherine besitzt die Ausstrahlung einer Ellen DeGeneres mit Magenschmerzen und das verbale Gift einer Meryl Streep in „Der Teufel trägt Prada“. Im Zusammenspiel mit Kalings idealistischer Quoten-Ausländerin Molly ergibt sich da eine starke komische Dynamik, auch wenn die Hintergründe beider Frauen bis zum Schluss blass, nicht recht auserzählt bleiben. John Lithgow in einer prägnanten Nebenrolle als Katherines kranker Mann ist es immerhin zu verdanken, dass ein kleines Licht auf die Einsamkeit hinter Katherines Fassade fällt. Am Ende jedenfalls rettet eine Frau die andere, während alle Männer staunend zuschauen. Geht doch.

Echt. Kino.
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