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Inland Empire

Inland Empire
USA, Polen 2006, Laufzeit: 179 Min.
Regie: David Lynch
Darsteller: Laura Dern, Jeremy Irons, Harry Dean Stanton, Justin Theroux, Ian Abercrombie, Karolina Gruszka, Peter Lucas, Krzysztof Majchrzak, Julia Ormond

Nach 172 Minuten verlässt man den Kinosaal und braucht erst mal eine gute Weile, um in der Wirklichkeit wieder anzukommen. Eine recht einfache, übersichtliche Wirklichkeit ist das im Vergleich zu der kinematografischen Welt, die David Lynch in seinem neuen Film "Inland Empire" entfaltet. Es ist ganz klar, dass ein solcher Film ohne die Wirkung des Namens des Regisseurs keine Chance hätte, regulär in die Kinos zu kommen. Mit etwas Glück würde man ihn in einer Ausstellung in einem Museum zu sehen bekommen. Denn "Inland Empire", den neuen Film von David Lynch, einen Experimentalfilm zu nennen, ist keine Koketterie. Die Handlung ist rudimentär und nur schwer verständlich, rational ganz auflösbar sowieso nicht. Und die Bildsprache dekliniert sich durch die Geschichte des Kunstfilms. Da ist es nur logisch, dass "Inland Empire" von der National Society of Film Critics einen Special Award für den besten Experimentalfilm erhielt. Rahmen sprengend Nikki Grace (Laura Dern) erhält die Hauptrolle in dem neuen Film von Kingsley Stewart (Jeremy Irons). Von einer mysteriösen Nachbarin wird sie aber sogleich gewarnt: Den Film umgibt ein Geheimnis. Trotzdem nimmt sie die Rolle an. Doch schon bald verschwimmt die Linie zwischen Nikki und ihrer Rolle der Susan Blue. Türen öffnen sich zu anderen Orten, Perspektiven spiegeln sich, Zeiten mischen sich und unterwandern die Chronologie. Was Gegenwart, was Vergangenheit, was Wirklichkeit und was Fantasie ist, und wer welche Rolle spielt, das ist bald nicht mehr auseinander zuhalten. Lynch taucht seinen Irrgarten der Gefühle mal in Dunkelheit, mal in gleißendes Licht, lässt die Bilder verschwimmen und verwackeln, trübt unsere Sicht. Das Phänomen, dass sich ein etablierter Regisseur anspruchsvoller Filme im zunehmenden Alter radikal alle Freiheiten nimmt, konnte man bereits vor zwei Monaten an Hand von Gus van Sants "Last Days" ausmachen. Nun ist es der Ausnahmeregisseur David Lynch, der in jeder Hinsicht - inhaltlich, technisch und im Format - die üblichen Vorgaben sprengt: Ohne eine eindeutig auszumachende Handlung filmt er mit einer handelsüblichen Digitalkamera einen knapp dreistündigen Film und lässt den Zuschauer damit ziemlich alleine im Dunkeln tappen. Muss das einen nervös machen? Ästhetik der Orientierungslosigkeit Ja und nein muss die Antwort lauten. Ja, denn der Film handelt von der Angst, und er ist stellenweise beängstigend. Hätte man etwas anderes von dem Regisseur von Filmen wie "Eraserhead" bis "Lost Highway" erwarten können, erwarten wollen? Auf der anderen Seite sollte man nicht zögern, sich auf diesen Film einzulassen. Lynchs Filme förderten immer schon eine große interpretatorische Freiheit. Mit "Inland Empire" geht er mit dem Entzug von Eindeutigkeit und Sinnstiftung so weit wie seit "Eraserhead" nicht mehr. Die Orientierungslosigkeit, die fehlende Homogenität der Ästhetik, mit der der Zuschauer konfrontiert wird (der Film ist teilweise aus älteren, unabhängig voneinander produzierten Stücken zusammengesetzt), ist eine große Freiheit, die man für eine offene Betrachtung nutzen kann. Mit seinem traumartigen Filmgebilde kommt Lynch einem Surrealismus, der das Unbewusste sichtbar machen will, näher als jede handelsübliche, zerfließende Uhr. Plakativ, wie nicht wenige Elemente aus Lynchs älteren Filmen, ist hier nichts. Wie gesagt: Einen Film wie "Inland Empire" würde man ohne das Etikett David Lynch nur schwer im Kino zu sehen bekommen. In Deutschland hat sich mit Concorde schließlich ein Verleih gefunden. In den USA hat Lynch seinen Film tatsächlich im Eigenverleih herausgebracht, ist durchs Land gezogen und hat ihn in ausgewählten Kinos gezeigt. Alterswerk ist etwas anderes - solch ein Engagement versteht man jedenfalls nicht darunter.

(Christian Meyer)

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