Ein bisschen bleiben wir noch
Österreich 2020, Laufzeit: 102 Min., FSK 6
Regie: Arash T. Riahi
Darsteller: Christine Ostermayer, Simone Fuith, Rainer Wöss
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Poetisch-kraftvolles Familiendrama
VEREINT IM LEID
„Ein bisschen bleiben wir noch“ von Arash T. Riahi
Der Film „Ein bisschen bleiben wir noch" von Arash T. Riahi basiert auf dem Roman „Oskar und Lilli" von Monika Helfer, der in Österreich preisgekröntwurde. Es handelt sich dabei um ein exemplarisches Familienschicksal, wie es in Zeiten steigender Flüchtlingszahlen weltweit immer alltäglicher wird. Das Besondere daran ist, dass es komplett aus der Sicht der Flüchtlingskinder geschildert ist und deswegen einen sehr persönlichen und überaus kraftvollen Ansatz erhält, der einem bei abstrakten Zahlen aus den täglichen Nachrichtensendungen gänzlich abgeht. Auch Arash T. Riahi hat die richtigen Voraussetzungen für das Inszenieren dieses Films, da er ebenfalls auf autobiografische Erfahrungen zurückgreifen kann, weil er im Alter von 10 Jahren aus dem Iran nach Österreich kam. Diesen persönlichen Zugang merkt man der Geschichte und der Inszenierung von „Ein bisschen bleiben wir noch" stets sehr deutlich an. Der Film erhält dadurch einen sehr authentischen Anspruch, obwohl er über weite Strecken auch einen überaus poetischen Zugang zu den Ereignissen sucht und findet.
Wunderbare Kameraführung
Schon seit einigen Jahren sind Lilli (stark: Rosa Zant) und Oskar (gleichfalls beeindruckend: Leopold Pallua) mit ihrer Mutter in Österreich von der Abschiebung bedroht. Die Familie ist aus Tschetschenien geflohen, wo der Ehemann und Vater noch im Bürgerkrieg kämpft. Als die Polizei mal wieder in der bescheidenen Wohnung steht und die Mutter in ihrer Verzweiflung einen Selbstmordversuch unternimmt, werden die Kinder in zwei Pflegefamilien gegeben. Oskar findet sich bei einem vegetarisch lebenden Lehrerpaar wieder, wo er eine zärtliche Verbindung mit der an Parkinson erkrankten Großmutter aufbaut. Lilli kommt bei der alleinstehenden Ruth (Simone Fuith) unter, die ein großes Herz hat, mit ihrem neuen Freund Georg (Rainer Wöss) aber einen Partner an ihrer Seite hat, der Lilli eher als lästig empfindet. Die beiden Kinder leiden in ihren neuen Familien insbesondere unter dem Umstand, dass sie voneinander getrennt sind, aber auch unter der Tatsache, dass sie ihre Mutter nicht sehen können und gar nicht wissen, ob diese überhaupt noch lebt. Arash T. Riahis Film steckt voller interessanter Ideen und Aspekte dieser tragischen Familiengeschichte. Bis hin zu den Nebenfiguren werden die einzelnen Charaktere sehr plastisch und lebensnah geschildert, weswegen es mitunter fast schon zu einer thematischen Überfrachtung kommt. Dem wirkt der Filmemacher immer wieder mit überaus poetischen Einstellungen entgegen, die von einer wunderbaren Kameraführung durch Enzo Brandner einfangen wurden. So gibt es wiederkehrende Motive und geschickte Parallelmontagen, die das Schicksal der beiden Kinder an unterschiedlichen Orten miteinander verknüpfen. Wenn an einigen Stellen die Glaubwürdigkeit der Vorkommnisse ein wenig leidet, so wird dies auch gerade durch die ausdrucksstarken Bilder immer wieder aufgefangen, die dem Film eine besondere Aura verleihen.
(Frank Brenner)
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