
Der letzte schöne Herbsttag
D 2010, Laufzeit: 85 Min., FSK 0
Regie: Ralf Westhoff
Darsteller: Julia Koschitz, Felix Hellmann, Katharina Maria Schubert
Experiment Beziehung
Szenen einer Beziehung
"Der letzte schöne Herbsttag" von Ralf Westhoff
Vor drei Jahren konnte Ralf Westhoff mit seinem Langfilmdebüt „Shoppen“ einen Überraschungserfolg verbuchen. Der frisch erdachte und flott inszenierte Film über das Verhalten geschlechtsreifer Großstadtsingles in der Paarungszeit war mit einfachsten Mitteln, aber mit der Topelite der Münchner Theaterlandschaft in Szene gesetzt worden. Westhoff schreckte auch nicht vor dem einen oder anderen Stereotyp zurück, konnte aber dennoch einen witzigen, lebensnahen und unterhaltsamen Film zum Status Quo deutschen Singlelebens auf die Leinwand bannen. Mit seinem zweiten Film „Der letzte schöne Herbsttag“ bleibt er seiner Inszenierungsweise und seiner Thematik weitgehend treu. Nun steht allerdings nur noch ein einzelnes Paar im Mittelpunkt, das sich jetzt mit dem Auf und Ab einer Liebesbeziehung auseinandersetzen muss.
„Männer und Frauen passen einfach nicht zueinander“ – jenes Bonmot Loriots kommt einem immer wieder in den Sinn, wenn Claire (Julia Koschitz) und Leo (Felix Hellmann) Begebenheiten aus dem Alltag ihrer gemeinsamen Beziehung auf unterschiedliche Weise schildern, wenn sie die Schwerpunkte anders setzen und einfach generell anders zu ticken scheinen. Westhoff lässt die beiden einnehmenden Schauspieler, die beide auch schon bei „Shoppen“ dabei waren, einen Großteil des Films direkt in die Kamera sprechen. Der Kinozuschauer wird dabei stellvertretend zum Psychoanalytiker oder Paartherapeuten, der sich den Frust der beiden Protagonisten anhören muss, der sich im Laufe der Handlung immer weiter auswächst. Was wie ein Drama in höchster Vollendung klingt, ist doch recht realitätsnah erdacht und entbehrt auch nicht eines angenehmen Witzes. Beispielsweise, wenn sich Claire als „unterdurchschnittlich glücklich“ bezeichnet oder Leo beim ersten Treffen mit Claires Eltern das Eis durch seine uneingeschränkte Offenheit im Nullkommanichts zu brechen versteht. Das erdet die Figuren auf angenehme Weise, bringt sie dem Zuschauer näher, der sich oder sein Umfeld in ihnen wieder erkennen kann – das Gleiche war Westhoff auch schon in „Shoppen“ gelungen. Für diese Identifizierung braucht es übrigens nicht viel mehr als die beiden Hauptdarsteller und deren beide beste Freunde (Katharina Marie Schubert als Ivonne und Leopold Hornung als Tobias, beide übrigens auch schon in „Shoppen“ dabei). Vielleicht mag dieses gewollt Alltägliche so manchem Zuschauer langweilig vorkommen; auch das Fremdschämen greift das ein oder andere Mal in diesem Film, der auch durch seine Szenen mit dem Direkt-in-die-Kamera-Sprechen verstören wird. Dennoch muss man Ralf Westhoff auch hier wieder attestieren, dass er es blendend verstanden hat, den Nerv der Zeit und seiner Generation zu treffen, deren Probleme und Ängste zu erkennen und in eine famos gespielte Geschichte zu verpacken.
(Frank Brenner)
Echt. Kino.
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