28 Years Later
Großbritannien 2025, Laufzeit: 126 Min., FSK 18
Regie: Danny Boyle
Darsteller: Aaron Taylor-Johnson, Jodie Comer, Ralph Fiennes
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Großartiges Horrordrama mit Fun-Note
Comeback der Wutbürger
„28 Years Later“ von Danny Boyle
Aktivisten stürmen ein Labor und setzen ein gezüchtetes Virus frei, dessen Wirkstoff beim Wirt eines potenziert: Wut! „28 Days Later“ erwacht Jim (Cillian Murphy) aus dem Koma und wandelt ahnungslos durch ein menschenleeres London – bis er von Infizierten attackiert wird. Damit ließen Regisseur Danny Boyle („Trainspotting“, „The Beach“) und sein Autor Alex Garland („Auslöschung“, „Civil War“) 2002 erstmals ihre Wutbürger auf die Leinwand los. Frisch die brachiale Schnelligkeit, mit der die metzelnden Infizierten ihre Opfer überrannten. Frisch die nervöse und beklemmend atmosphärische Inszenierung, mit der Boyle die Apokalypse einfing. Erdrückend der Blick auf die Überlebenden, die ihre Menschlichkeit finden – oder sie verlieren. „28 Weeks Later“ sind die Infizierten verhungert, England wird unter dem Schutz des US-Militärs neu besiedelt – doch das Virus findet seinen Weg. Jetzt, „28 Years Later“, ist das Vereinigte Königreich letzte Wirkungsstätte der Brut und international isoliert.
Auf einer Insel, nur bei Ebbe dem Festland zugänglich, hat sich eine Gemeinde verbarrikadiert. Darunter der junge Spike (super: Alfie Williams), der mit seinem Vater (Aaron Taylor-Johnson) die Insel verlässt, um seinen ersten Kill zu absolvieren. Spike ist der Held des dritten Kapitels, das vom Coming of Age seines jungen Protagonisten erzählt, uns neue Arten Wutbürger präsentiert – und neue Überlebende.
Danny Boyle ist zurück! Und, natürlich: Alex Garland. Teil Zwei („28 Years Later: The Bone Temple“) der neu angelegten Trilogie ist schon im Kasten, und es ist schlichtweg berauschend, wie sich die beiden Filmemacher hier austoben: Mit knapp 70 Jahren inszeniert Boyle dermaßen energetisch und wuchtig, als hätte er sich selbst einen Virus eingefangen, der ihn verjüngt und aggressiv antreibt. Von Anfang an tränkt er sein Horrordrama in nervöse Unruhe, konfrontiert uns mit assoziativen Bildcollagen aus Zeitdokumenten, Historienfilm, Videokunst-Elementen und den Attacken nervös zappelnder mordender Horden. Filmkorn, Unschärfe, Kontrast: Die Stilelemente hatten schon in den Vorgängerfilmen trefflich funktioniert. Vor allem aber wird alles überlagert von einem irren Soundteppich aus Schreien, Drums, Marsch-Vers und Elektro-Geknarze. Die wiederkehrende Unruhe, der Stress, die verstörende Stille prägen dieses Genrewerk dynamisch, selbst bis in die ruhigen Momente, von denen es einige gibt – zum Ende wird es gar sakral, wenn Spike auf den Einsiedler Kelson (Ralph Fiennes) trifft. Vergleichsweise ruhig wird es aber auch, wenn Spike Slow-Lows begegnet, eine neue Variante Infizierter – und nicht die einzige.
Das Drehbuch von Garland arbeitet sich inspiriert an der apokalyptisch gebeutelten Gemeinschaft der Überlebenden ab, geprägt von Regeln, Geboten und Lügen – und beständiger Bedrohung. Garland schöpft beseelt Figuren, spickt seinen Thriller, von „Predator“ bis „A Quiet Place 2“, mit Genreverweisen und – das ist neu im Franchise: mit Humor: So begegnen wir Erik, dem Wikinger und zum Schluss einer Formation, von der wir noch mehr erfahren werden – Remember Jimmy! So entwickelt sich das Franchise nun zum Horror mit Fun-Note, ein Paket, das gut funktioniert, nicht zuletzt, weil gelegentlicher Witz dem dominanten Unwohlsein nicht die Schärfe nimmt. Das liegt natürlich daran, dass der provokanteste Bruch in der Tonalität des Films erst ganz am Schluss erfolgt. Ein Tabubruch, der die einen verstört und empört – und andere bloß überrascht und enorm neugierig macht auf das was folgt. Auf das, was machbar ist.
„28 Years Later“ ist vielversprechend: Boyles Inszenierung und Garlands Script legen einen ideenreichen, atemlosen und spannenden Grundstein, der definitiv Lust macht auf mehr.
(Hartmut Ernst)
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