Als sich vor einigen Jahren eine Zusammenarbeit des städtischen Gürzenich-Orchesters mit dem Vokalensemble Kölner Dom ergab, wurde auf die alte Tradition gemeinsamer Musikpflege zwischen Stadt und Dom verwiesen. Auf die Nachfrage nach dem speziell für Chorsinfonik bestehenden Gürzenich-Chor hieß es, niemand wolle eine Mauer bauen zwischen den beiden offiziellen städtischen Musik-Ensembles – immerhin feiert der Gürzenich-Chor heuer seinen 190. Geburtstag. Er hat sich in die lebendige Kölner Chorszene eingegliedert und mit einem neuen Dirigenten sein aktuelles Profil geschärft.
Tradition besitzt auch die Karfreitagspflege. Dirigent Franz Wüllner etablierte bereits in der zweiten Spielzeit des Gürzenich-Orchesters 1888/89, zufällig auch an einem 14. April, die Matthäus-Passion von Bach an diesem heiligen Tag. Damit etwas Abwechslung in den Spielplan kommt, musiziert der aktuelle Gürzenichkapellmeister Francois-Xavier Roth die Johannes-Passion des Thomaskantors Bach – und überlässt die Leidensgeschichte nach Matthäus dem WDR Sinfonieorchester. Dieses arbeitet vor, um den Musikfreunden die Möglichkeit zu geben, sich am Karfreitag vor dem Radio ab 15 Uhr mit der Matthäus-Passion aufzuwärmen, um dann im Sprint in den Live-Act zur Johannes-Passion zu gelangen.
Beide Aufführungen schüren spezielle Erwartungen: Im Falle des Gürzenich-Orchesters sind alle Fans begierig zu erfahren, wie der Maestro Roth sich dem Bach-Oratorium annähert. Der frisch gekürte Erste Gastdirigent des London Symphony Orchestra gilt nicht vorwiegend als Mann der Romantik bis Gegenwart. Er selbst hat ein Orchester gegründet, dessen Programme die Spannung zwischen Neuer und Alter Musik entfachte – mit aller historischer Informiertheit. Und das Gürzenich-Orchester besitzt ein Arsenal an historischen Instrumenten. Gerade bei den Blechbläsern wurde da in der Vergangenheit Erfreuliches ausprobiert. Als Evangelisten präsentiert Roth den finnischen Tenor Topi Lehtipuu, ein Star zwischen den Genres, und für die Sopranpartie Camilla Tilling, die im Januar die Elbphilharmonie mit eröffnete – Stars der ersten Wahl also. Als Chor fungiert mittlerweile traditionell das wirklich exzellente Vokalensemble Kölner Dom.
Der WDR erinnert daran, dass die Matthäus-Passion knapp 100 Jahre lang in einer verkürzten Fassung aufgeführt wurde, die ihr Wiederentdecker Felix Mendelssohn einrichtete. Dieser führte sie auch 1841, also rund 90 Jahre nach Bachs Tod, erstmals wieder im Entstehungsort Leipzig auf. Diese Fassung musizieren die WDR Musiker, im Orchester mit Klarinetten, mit dem Rundfunkchor und mit renommierten Solisten unter der Leitung von Stefan Parkman – einem bereits mehrfach positiv aufgefallenen Spezialisten für menschliche Stimmen und Musikvermittlung. Gerade hat er seinen Vertrag als Chefdirigent des WDR Rundfunkchores verlängert. Top.
WDR-Sinfonieorchester | Fr 7.4. 19 Uhr
Gürzenich-Orchester | Fr 14.4. 18 Uhr
Kölner Philharmonie | 0221 280 28
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