2018 lebten in Deutschland etwa 678.000 Menschen ohne eigene Wohnung, schätzt die BAG Wohnungslosenhilfe – etwas mehr als 2017. Ohne Einbezug wohnungslos anerkannter Geflüchteter liegt die Zahl bei 237.000. Etwa 70% sind alleinstehende Männer. 41.000 leben nicht in Wohnheimen oder anderen Unterkünften, sondern auf der Straße. Amtliche Zahlen fehlen – aus politischen Gründen? Schließlich verdeutlichen offizielle Zahlen das Problem und steigern den Handlungsdruck.
Doch was tut die deutsche Politik und Gesellschaft eigentlich für die Wohnungslosen? Und warum leben in einem reichen Land wie Deutschland überhaupt Menschen auf der Straße? Laut UN-Charta haben Menschen ein Recht auf Wohnen. Deutsche Kommunen sind zudem ordnungsrechtlich verpflichtet, obdachlose Menschen unterzubringen. Und auch nach §67 SGB XII haben die meisten auf der Straße lebenden wohnungslosen Menschen ein Anrecht auf Hilfe. Das ist die Theorie.
Der häufigste Grund für Wohnungslosigkeit sind nach einer Studie der Bremer Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung Mietzahlungsprobleme. Bei den aktuellen Mietpreisen in deutschen Städten wundert das kaum. Viele Obdachlose sind durch das Straßenleben und private Schicksale körperlich und psychisch kaum in der Lage, Hilfe anzunehmen und bürokratische Hürden zu überwinden. Das Dilemma: Vermieter vermieten nicht an Arbeitslose und Arbeitslose bekommen ohne Wohnung keinen Job.
Ein Argument verständnisloser Großstädter beim Anblick der Draußenschläfer: „Sollen sie doch in einer Notunterkunft schlafen“. Auch Tagesaufenthalte und Kältebusse gibt es in vielen Kommunen. Laut BAGW bieten deutsche Städte jedoch gar nicht genügend Notunterkünfte an. Diese sind außerdem mehr Notfallhilfe als Dauerlösung. Betroffene beklagen etwa schlechte Hygiene und vermissen Privatsphäre, Geschlechtertrennung und Barrierefreiheit. Bundesweite Standards für Unterkünfte wären hilfreich.
Wie kann Wohnungslosenhilfe wirkungsvoller organisiert und Wohnungslosigkeit bestenfalls verhindert werden? Viele private und staatliche Projekte zeigen kreative Lösungen. So organisiert beispielsweise der Verein Little Home Köln e.V. erfolgreich Tiny Houses für Obdachlose, um Privatsphäre und Erreichbarkeit zu schaffen.
Effektiver sind Präventionsmaßnahmen gegen Wohnungslosigkeit. Diese sind vielen jedoch unbekannt und greifen nicht immer. Nur in 63 Prozent der Fälle konnten der Studie zufolge Angebote der Kommunen einen Wohnungsverlust verhindern. So würden Anträge für die Mietübernahme beispielsweise wegen der ungenau formulierten rechtlichen Grundlage nicht immer genehmigt.
Ein Blick nach Bremen zeigt Sinnvolles:Hier werden, wie in 18 anderen deutschen Städten, Beratungs- und Hilfsangebote in einer zentralen Fachstelle für Wohnungslosigkeit gebündelt. Im Fall einer Räumungsklage etwa veranlassen diese – anstelle von Briefen, die oft nicht gelesen werden – Hausbesuche bei den Betroffenen, kümmern sich um Mietschuldenübernahme, stellen Beratungsangebote und organisieren die Unterbringung in Notunterkünften und Wohnungen.
Doch was hilft langfristig und bundesweit gegen Wohnungslosigkeit? Pro Jahr fehlen laut BAG bis zu 100.000 Sozialwohnungen und weitere 100.000 bezahlbare Wohnungen. Die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau werden in den nächsten zwei Jahren jedoch um rund 1 Milliarde Euro niedriger angesetzt als zuvor. Was wir außerdem brauchen: Wirksame politische Mittel, den Mietpreiswahnsinn zu stoppen und Menschen, die sich wieder Mieten leisten können.
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zum Thema auch unter: choices.de/thema und engels-kultur.de/thema
Aktiv im Thema
kagw.de | Die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe mit Informations- und Hilfsangeboten zu Wohnungslosigkeit.
wdr.de/nachrichten/wohnungsnot-nrw-studie-100.html | Die Studie des WDR fragt, wo in NRW die Wohnungsnot besonders groß ist.
tiny-houses.de | Das Portal über Minihäuser informiert über Preise, Formen und Standortmöglichkeiten.
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