 
		
Unser derzeitiges Wirtschaftssystem funktioniert nach dem Prinzip „höher, schneller und weiter“. Die Marktwirtschaft lebt von ständigem Wachstum, erklären ihre Vertreter und Befürworter. Wem das zu schnell geht und wer auf negative Folgen und Effekte hinweist, bekommt beschwichtigend zu hören: „Der Markt regelt das.“ Aber stimmt das eigentlich und auf wessen Kosten wächst die Wirtschaft? Schauen wir uns in der BRD um, müsste doch eigentlich alles in Ordnung sein.
Deutschland ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von 4.305 Milliarden Euro im Jahr 2024 nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und die größte Volkswirtschaft in Europa. Insbesondere der Export von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen sowie von chemischen Erzeugnissen hat Deutschland bis heute zur drittgrößten Exportnation der Welt gemacht. Der Dienstleistungssektor hat mit 70 Prozent den größten Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes.
Drittgrößte Volkswirtschaft
Und dennoch ist die Lage so rosig nicht, schauen wir uns beispielsweise den Gesundheitssektor an, den Bildungsbereich oder die Armutsentwicklung. Hier ist es nämlich nicht mehr bestreitbar, dass immer mehr Krankenhäuser entweder schließen oder die Leistungen einschränken und damit die Wege für Patientinnen und Patienten immer länger werden. Die Schulklassen in maroden Gebäuden werden hingegen immer größer und die Armen vor allem in den Ballungsgebieten werden täglich mehr.
Wenn sie es für nötig hält, kann die Regierung eingreifen, wie zuletzt mit der Lockerung der Schuldenbremse für Rüstungsausgaben sowie einem Infrastruktur-Sondervermögen von 500 Milliarden Euro. Klar ist, dass diese fiskalische Entschlossenheit allererst militärisch motiviert ist – die Analogie mit den Kriegskrediten von 1914 drängt sich auf und ist in vieler Munde. Und so überfällig es ist, in die Infrastruktur zu investieren: Die prekäre Lebenssituation von Millionen Menschen in Deutschland war und ist kein Anlass für derart großzügige Gegenmaßnahmen, da wird sich eher taub gestellt und den Betroffenen selbst die Schuld gegeben. Und das ist auch praktisch, denn schließlich muss das Unterfangen „gegenfinanziert“ werden, wie es so schön heißt. Neben Steuersenkungen für Unternehmen soll es im Sozialbereich weitere Kürzungen geben.
CDU-Chef Friedrich Merz macht Schlagzeilen, indem er erklärt, mit einer „neuen Grundsicherung“ bis zu 1,7 Millionen Empfängerinnen und Empfängern von Bürgergeld die Leistungen streichen zu wollen, weil sie angeblich nicht arbeiten wollen. Die Behauptung ist so falsch wie die Zahlen und das Vorhaben ist laut BGH-Urteil rechtswidrig, aber darum geht es nicht. Es ist doch symptomatisch, das es eben nicht Überlegungen zu stark erhöhten Vermögens- oder Erbschaftssteuern sind, um für die „Gegenfinanzierung“ zu sorgen. Die Eigentums- wie Machtverhältnisse sollen nicht im Kleinsten berührt werden. Da liegt das Problem. Es zeigt, wo ein politischer Wille der Regierenden ist, da wird auch ein Weg gefunden. Jedes fiskalische Problem scheint lösbar, aber es zeichnet sich in aller Deutlichkeit ab, dass die Lösungen nicht allen zugutekommen werden. Damit das der Fall wäre, bräuchte es kein permanentes wirtschaftliches Wachstum.
Stattdessen bräuchte es eine sozial gerechte Umverteilung des Vermögens. Es sollte in die Gesellschaft investiert werden, statt sie immer weiter zu spalten und die Menschen gegeneinander auszuspielen. Was wir mehr brauchen als Wachstum, ist sozialer Frieden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
 Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich)  unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

 Einig im Treten
Einig im Treten
Intro – Arbeitskämpfe
 von tr-thema-s1-678.jpg) Peitsche namens KI
Peitsche namens KI
Teil 1: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
 von tr-thema-s2-678.jpg) „KI streikt nicht“
„KI streikt nicht“
Teil 1: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt 
 von tr-thema-s3-678.jpg) Gegen digitalen Kolonialismus
Gegen digitalen Kolonialismus
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Chaospott Essen klärt über Technik und Datenschutz auf
 von ch-thema-s2-678.jpg) „Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 2: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
 von ch-thema-s3-678.jpg) Jetzt erst recht
Jetzt erst recht
Teil 2: Lokale Initiativen – Parents for Future in Köln
 von en-thema-s1-678.jpg) Armut wählen
Armut wählen
Teil 3: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands
 von en-thema-s2-678.jpg) „Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 3: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie
 von en-thema-s3-678.jpg) Als Bürger wahrgenommen werden
Als Bürger wahrgenommen werden
Teil 3: Lokale Initiativen – Lernbehinderte in der KoKoBe erheben ihre politische Stimme.
 von chtren-thema-europa-678.jpg) Feierabend heißt Feierabend
Feierabend heißt Feierabend
Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
 von chtren-thema-glosse-678.jpg) „Ich ersetze keine Menschen – ich entlarve sie“
„Ich ersetze keine Menschen – ich entlarve sie“
Ein Gespräch mit einer Künstlichen Arroganz über den Arbeitsmarkt – Glosse
Streiken statt schießen
Teil 1: Leitartikel – Das im Kalten Krieg entwickelte Konzept der Sozialen Verteidigung ist aktueller denn je
Herren des Krieges
Teil 2: Leitartikel – Warum Frieden eine Nebensache ist
Unser höchstes Gut
Teil 3: Leitartikel – Von Kindheit an: besser friedensfähig als kriegstüchtig
Unbezahlbare Autonomie
Teil 1: Leitartikel – Die freie Theaterszene ist wirtschaftlich und ideologisch bedroht
Inspiration für alle
Teil 2: Leitartikel – Wer Kunst und Kultur beschneidet, raubt der Gesellschaft entscheidende Entwicklungschancen
Der Kulturkampfminister
Teil 3: Leitartikel – Wie Wolfram Weimer sein Amt versteht
An den wahren Problemen vorbei
Teil 1: Leitartikel – Journalismus vernachlässigt die Sorgen und Nöte von Millionen Menschen
Teuer errungen
Teil 2: Leitartikel – Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss bleiben – und besser werden
Journalismus im Teufelskreis
Teil 3: Leitartikel – Wie die Presse sich selbst auffrisst
Die Unfähigkeit der Mitte
Teil 1: Leitartikel – Der Streit ums AfD-Verbot und die Unaufrichtigkeit des politischen Zentrums
Hakenkreuze auf dem Schulklo
Teil 2: Leitartikel – Wo Politik versagt, haben Rechtsextremisten leichtes Spiel
Faschismus ist nicht normal
Teil 3: Leitartikel – Der Rechtsruck in Politik und Gesellschaft – und was dagegen zu tun ist
Der Ast, auf dem wir sitzen
Teil 1: Leitartikel – Naturschutz geht alle an – interessiert aber immer weniger
Keine Frage der Technik
Teil 2: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten