Dortmund, 16. 2. – In ihrer Langzeitdokumentation begleiteten die FilmemacherInnen die Bürgerproteste rund um die „Esso-Häuser“ in St. Pauli. Eingeladen vom Mieterverein Dortmund, diskutierten Irene Bude und Steffen Jörg ihren Film „Buy Buy St. Pauli“ in einer engagierten Debatte im Kino sweetSixteen. Viele Bewohnerinnen der so genannten „Esso-Häuser“, zwei vernachlässigte Hochhäuser mit St. Pauli-Charme, leben schon seit Jahrzehnten im Kiez. Nach dem Verkauf der Häuser an einen Münchner Großinvestor droht der Abriss. So nah an der Hamburger City verspricht man sich Profite, doch mit dem hartnäckigen und kreativen Widerstand der AnwohnerInnen hatte wohl keiner gerechnet.
Wenn im langwierigen Konflikt um die Esso-Häuser irgendwas passierte, war das Filmteam mit der Kamera dabei: Demonstrationen, Plakat-Aktionen, Bürgertreffen, Konzerte … dann der Abriss. Sie machen auch im Filmgespräch kein Hehl daraus, wo ihre Sympathien liegen. „Die Esso-Häuser sind überall.“ Sie stünden pars pro toto für eine gnadenlose Kommerzialisierung von Wohnraum in den Großstädten. Der Film liefert in witzigen Animationen die Hintergrundinformationen und Zahlen der Spekulation, die – laut der Initiative – auf dem Rücken der Hamburger BürgerInnen ausgetragen werde. Für sie geht es um eine gesamtgesellschaftliche Frage, die nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden werden darf. Wem gehört die Stadt? Für die Anwohnerinnen jedenfalls ist die Stadt mehr als kommerzielle Verhandlungsmasse.
Eine hysterische Wendung nehmen die Ereignisse als ein Gebäude nachts vermeintlich von Erschütterungen erfasst wird: Noch in derselben Nacht wird ein Konzert im legendären „Molotov-Club“ abgebrochen, alle Leute aus den Wohnungen „evakuiert“ und in Notunterkünften untergebracht. Die heiß diskutierte Frage, ob man die Gebäude hätte erhalten können, wird durch Baustellen-Zäune und vollendete Tatsachen beendet. „Der Vorfall wurde genutzt, um sehr schnell den Mythos der Einsturzgefahr aufzubauen“, so Regisseur Steffen Jörg. Der eigentliche Skandal an dem Procedere ist für ihn, dass nie ermittelt wurde, was eine Sanierung gekostet hätte. Ein vergleichbares Beispiel aus Frankreich lege nahe, dass man für die Investitions-Kosten einer neu gebauten Wohnung drei bis vier bestehende sanieren könnte.
In der Diskussion wurde die aktuelle Situation in St. Pauli erläutert: Tatsächlich konnte erreicht werden, dass die Anwohnerinnen in der sogenannten „Plan-Bude“ in die Planungsphase für die neue Nutzung einbezogen wurden. Die Initiative wertet nun die eingebrachten Ideen aus. Einerseits sei die Skepsis der Betroffenen hoch, ob ihre Vorstellungen am Ende tatsächlich realisiert würden, andererseits wird die Situation auch als Chance begriffen, ein neues Konzept von Bürgerbeteiligung in der Stadtplanung auszuprobieren. Allgemein zeigte sich das Publikum beeindruckt von dem kraftvollen Widerstand der HamburgerInnen. Eine DVD des Films ist in Planung, die es jedem Interessierten erlauben wird, auch informell Filmvorführungen zu organisieren. www.buybuy-stpauli.de
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