Jeden dritten Samstag im Monat pilgern Freunde der gepflegten Trash-Kino-Unterhaltung in das Schauburg-Theater in Gelsenkirchen-Buer. Ausgerechnet in dem prunkvollen Filmpalast aus den zwanziger Jahren werden Monat für Monat die Grenzen des guten Geschmacks ausgelotet. Denn dort tagt der auf den ersten Blick ziemlich geheimnisvolle Filmclub Buio Omega unter dem Motto „Was sie bei uns verpassen, ist für Sie unwiederbringlich verloren". Er ist eine offene Gemeinschaft gleichgesinnter Cineasten, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, die Besucher einmal im Monat mit zwei ausgewählten Zelluloid-Werken zurück in das goldene Zeitalter des Exploitation-Films zu holen. Das Konzept geht auf, der privat betriebene Filmclub zieht seit mehr als einer Dekade bis zu 100 BesucherInnen in den Kinosaal – Samstagvormittags um 11 Uhr. Von Kinokrise keine Spur.
„Wir haben eben das beste Publikum der Welt“ freut sich der aus Bremen stammende Filmkritiker und Genre-Experte Christian Kessler, der inzwischen in Gelsenkirchen sesshaft geworden ist und seit der Gründung des geheimnisumwitterten Filmclubs mit launigen Gastvorträgen durchs Programm führt. „Als der Club aus der Taufe gehoben wurde, wusste ich auch nicht, was da zu erwarten sei. Mich begeisterte aber von Anfang an die Liebe zum Kino, die aus den Sitzungen sprach. Und nein, ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass sich der Club so lange halten würde. Tatsächlich läuft er bis zum heutigen Tag unverändert gut.“ Das ist insofern erstaunlich, da die Filmauswahl vorab nie bekannt gegeben wird und lediglich zarte Andeutungen darauf schließen lassen, was den experimentellen Filmfreund erwartet.
Dass der zugrunde liegende Fundus schier unerschöpflich ist, zeigt ein Blick in das Filmarchiv des Filmclubs. „Horrorfilme, Science-Fiction, Western, Krimis, Sex – halt all das, was mit dem Exploitationkino zu tun hat. Da solche Filme meistens für vergleichsweise wenig Geld entstanden und trotzdem mit den teuren Hollywood-Produktionen konkurrieren mussten, ergibt sich ein ganz besonderer Charme“, meint Kessler, der kürzlich ein äußerst kenntnisreiches Buch über obskure bis lächerliche amerikanische Porno-Filme der siebziger und achtziger Jahre namens „Die läufige Leinwand“ geschrieben hat. Natürlich ist die Auswahl nicht immer von solch speziellem Interesse, dennoch orientiert sich die Filmauswahl nach wie vor am persönlichen Geschmack der MacherInnen. Wer mit klassisch-kommerziellem Hollywood-Kino nichts anfangen und sich unter Filmtiteln wie „Der Killer mit der Bohrmaschine“ oder „In den Krallen der Venus“ charmante Ergebnisse vorstellen kann, ist hier also genau richtig.
Buio Omega Club | Schauburg Filmpalast Gelsenkirchen | Sa 21.5. 10:30 Uhr
www.buio-omega.de
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