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Schirm tragen, Gesicht zeigen
Foto: geralt / Pixabay

Mit Schirm, Charme und Engagement

29. November 2018

Modernes Schirmherrentum – ein Impuls, der Nachahmer sucht

Wut, Empörung, Hass, Gleichgültigkeit – Tiraden, die sich aus den sozialen in die realen Netzwerke ergießen, den Boden ebnen für Populismus und Nationalismus, sie sind laut und präsent wie selten zuvor. Geräuschlos hingegen, doch viel kraftvoller wirken jene, die Gutes bewirken. Das gesellschaftliche Miteinander sticht aus der Masse hervor. Und mit ihm die Menschen, die für diese kostbaren Entwicklungen stehen, ihnen ein Gesicht geben – nicht auf der Bühne, nicht im Parlament, sondern im Alltag. Der Schauspieler Henning Baum etwa wirbt für Menschenmögliches, ein Verein, der die Lebensqualität derer verbessern will, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Oder Ulrich Scholten (SPD), der als Oberbürgermeister von Mülheim seine Position nutzt, um in seiner Freizeit mit seinem guten Namen die Verkehrswacht seiner Stadt zu unterstützen. Nicht zu vergessen Björn Freitag, der als Sternekoch privat den Fokus auf den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst in Gladbeck richtet. Alle drei eint ein ehrenvolles Amt: Sie sind Schirmherren.

Dass es nicht immer Prominente sein müssen, die Schirm tragen, zeigt der gemeinnützige Verein Insider Art aus Berlin – mit durchweg außergewöhnlichen Schirmherren. Egal ob Vorstandsfrau, Hausmeister oder alleinerziehend und arbeitslos – bei Insider Art zählt nur: der sinnstiftende Mensch. „Eine Schirmherrschaft, bisher ein tradiertes Privileg, das allein prominenten Persönlichkeiten des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens vorbehalten war und ist, kann jetzt jeder übernehmen“, so lautet die Idee des vor rund zehn Jahren gegründeten Vereins. Der Kern der Vereinsarbeit: gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe schaffen, Barrieren im Kulturbetrieb abbauen, eine inklusiven Kulturlandschaft entwickeln mit und für Kunstschaffende mit Handicaps. Einzig ein Bekenntnis zu den Zielen des Vereins ist notwendig, um Schirmherr zu werden: „Ich stehe mit meiner Person und meinem guten Namen für Insider Art, um Künstlerinnen und Künstler mit jeder Art von Handicap, eine chancengerechte Teilhabe zu eröffnen. Ich unterstütze Vielfalt und Toleranz und engagiere mich gemeinsam für den nachhaltigen Abbau von Barrieren im Alltag, im öffentlich Raum und im Kunstbetrieb. Ich teile die Vision einer inklusiven Gesellschaft.“

Marc Grandmontagne, im Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 als Mitbegründer der Kulturloge Ruhr (heute: KulturPott.Ruhr) bekannt geworden, ist einer dieser Schirmherren. Der heutige geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins möchte die Vision mittragen, um Rahmen- und Zugangsbedingungen für Künstler mit Handicaps zu verbessern, damit ihre Kunst selbstverständlich auch in Galerien und Museen anzutreffen sein wird. „Dies sehe ich als einen wichtigen Schritt zur inklusiven Gesellschaft, die niemanden ausschließt, vor allem auch nicht dieses kreative Potenzial in unserem Land“, so Grandmontagne. Inspiriert durch Joseph Beuys haben sich bei Insider Art engagierte Menschen in ganz Deutschland zusammengefunden, die als Schirmherren auf die Arbeit des Vereins aufmerksam machen – mit einem Schirm, der das Logo des Vereins trägt und jeweils 200 Euro als Spende in die Vereinskasse einbringt. Die Aktion soll aufmerksam machen und stellt zugleich die Demokratisierung des antiquiert anmutenden Privilegs der Schirmherrschaft dar – in einer Zeit, in der Gefällt-mir-Klicks einfach nicht mehr reichen. Ideen wie diese, sie suchen Nachahmer, vielleicht in abgewandelter Form. Im Fokus: die gute Sache.


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Pascal Hesse

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