Ende der Religion? In akademischen und feuilletonistischen Welten sind religionskritische Positionen keineswegs verhallt, wie sie etwa der britische Evolutionsbiologe Richard Darwins vertritt. Arg gestrafft ist Religion danach ein evolutionäres Überbleibsel, das sich kulturell erledigt hat, dessen Widersprüche uns mahnen sollten, Abstand davon zu nehmen. So geboten der kritische Dialog ist: Global gesehen finden Religionen ungebrochen überwältigenden Zuspruch, von einem Schwinden des Bedürfnisses nach Religion kann keine Rede sein. In Deutschland, gewiss kein religiöser Hotspot, prägen die beiden großen Kirchen mit ihren weitverzweigten Institutionen die Gesellschaft maßgeblich mit. Ein wahrhaft atheistischer, agnostischer oder kirchenfreier öffentlicher Raum scheint nicht in Sicht. Glaubensgemeinschaften prägen Gesellschaften – Kirchenaustritte hin oder her.
Im Monatsthema RELIGIONÄRE gehen wir diesen gespannten Verhältnissen nach. Unsere Leitartikel diskutieren, wie riskant es sein kann, wenn Wünsche nach Erlösung nicht mehr religiös sondern politisch beantwortet werden, warum es geboten ist, zwischen Glaube und Wahrheitsanspruch zu unterscheiden und am Beispiel des evangelikalen Christentums in den USA, wie radikale religiöse Überzeugungen die Debattenkultur untergraben.
In Interviews erläutert die evangelische Theologin Margot Käßmann das Verhältnis zwischen einzelnen Gläubigen und Glaubensgemeinschaften, die Rabbinerin Ulrike Offenberg diskutiert Entwicklungen im liberalen Judentum und die Religionsphilosophin Gesine Palmer empfiehlt, wie liberale Gesellschaften religiös-fundamentalistischen Bewegungen begegnen sollten.
In Köln besuchen wir den Garten der Religionen, der sich an gläubige und nichtgläubige Menschen wendet, in Wuppertal den Runden Tisch, wo Juden, Christen, Muslime, Aleviten und Bahai sich zum Gespräch zusammenfinden und beim Liberal-Islamischen Bund erfahren wir unter anderem, wie es um den Aufbau von Gemeinden im Ruhrgebiet steht.
Die Unionsparteien CDU und CSU führen bekanntlich das Bekenntnis zum Christentum in ihren Namen. Anlässlich des Vormarschs der Taliban in Afghanistan betonten Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet, CSU-Chef Markus Söder und mehrere CDU-Spitzenpolitiker allerdings umgehend, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, das Jahr also, in dem rund 900.000 Flüchtlinge nach Deutschland kamen – und fabulierten so eine Bedrohung durch Flüchtlinge herbei. Ein Szenario übrigens, vor dem sich noch nicht einmal erklärte Fremdenfeinde zu fürchten hätten, nachdem die Staatengemeinschaft Fluchtwege geschlossen hat und scharf bewacht. Wofür das christliche Bekenntnis der Union auch stehen mag, für Nächstenliebe steht es offenbar nicht. Dabei gilt sie doch als Kern eines christlichen Lebens, der sogar gegen größte Widerstände zu bewahren ist. Ohne jede Not hat die Unionsspitze ihn preisgegeben.
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