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Patrick Dollas, Mitgründer von Unsere Armut kotzt uns an
Foto: Leo Thomann

Gegen die soziale Kälte

28. Dezember 2022

Duisburger Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“ – Teil 1: Lokale Initiativen

Der Raum im Zentrum für Kultur ist gut gefüllt an diesem Dienstagmittag. Heute ist Sozialberatung, wie jede Woche von 12 bis 15 Uhr. Vor einem Jahr übernahm der Verein für die solidarische Gesellschaft der Vielen e.V. die ehemalige Kneipe in Duisburg Hochfeld – neben Marxloh das zweite sogenannte Problemviertel der Stadt. Bereits länger ist Hochfeld für hohe Arbeitslosigkeit und Kinderarmut bekannt.

Die Menschen, die hier hinkommen, suchen Hilfe beim Umgang mit den Behörden oder beim Stellen von Anträgen, bei gestiegene Energiepreisen oder Wohnungsräumungen. Zudem ist das Zentrum für Kultur ein offener Raum, jeder kann vorbeikommen. Oft werden die Räumlichkeiten für Kindergeburtstage genutzt. Jeden Donnerstag findet eine offene Vollversammlung statt. In Kooperation mit der Tafel Duisburg werden Spenden gesammelt – auch um einen Aufnahmestopp zu verhindern, den derzeit viele Tafeln verhängen.

Aufnahmestopp verhindern

Energiekrise, Inflation, Krieg. Im Zuge der Krisen, die ärmere Menschen besonders treffen, gründete sich zudem die Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“. Gemeinsam mit dem Verein wird jeden zweiten Sonntag im Monat das „Fest für Alle“ veranstaltet. Essen und Trinken gibt es, dazu Redebeiträge und Musik, gemeinsam mit dem Duisburger Projekt Syntopia wird Kleidung bereitgestellt. Mit der Initiative wolle man die soziale Frage wieder in den Vordergrund stellen, so Mitgründer Patrick Dollas. „Wir bringen Wärme in den Winter bringen“, heißt es in ihrem Manifest.

In den Debatten um die Energieversorgung und den Ukraine-Krieg trete die zunehmende Armut immer wieder in den Hintergrund, sagt Dollas. Armut werde noch immer als individuelles Thema verstanden, zudem habe sie eine abschreckende Wirkung. Es brauche aber eine gesellschaftliche Lösung, um das Problem anzugehen.

Oft werde zwar über Hochfeld als Problem gesprochen, aber nicht über die Probleme vor Ort, so Dollas. Es seien vor allem Menschen, die nicht gehört werden. Der Verein sowie die Initiative sollen aber nicht nur für diese da sein, sondern von den Betroffenen mitgestaltet werden.

Eigene Forderungen

Die Fläche auf den Schildern bleibt frei – hier kann jede selbst ihre Forderungen eintragen. Nach dem letzten Fest wurden einige dieser Forderungen Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link überreicht, der in die Einwohner Hochfelds „auf ein Eis“ einlud. „Taskforce entkriminalisieren“ steht groß auf einem der orangenen Plakate.

Damit gemeint ist die Task Force Problemimmobilien der Stadt. Denn während Link zum Eis einlädt, räumt eben diese Task Force nur ein paar Hundert Meter weiter eine Wohnung. Keine Seltenheit in Hochfeld – wie auch dieses Mal ist meist Brandschutz der Grund. Die Einwohnerinnen, die bei Räumung vorher nicht informiert werden, trifft das zum Teil hart. Man nehme den Menschen ihr soziales Umfeld, beklagt Patrick Dollas. Und ohne Adresse ließen sich keine Sozialleistungen beantragen.

Er frage sich jedoch, ob die Entziehung des sozialen Umfeldes nicht auch ein Stück weit gewollt sei. Die Stadt Duisburg möchte den Stadtteil, in dem viele Zugewanderte aus Südosteuropa wohnen, aufwerten. 2027 soll Hochfeld Schauplatz der Internationalen Gartenschau werden. Die zentrale Lage mache den Stadtteil für Investoren interessant.


ARMUT LEICHT GEMACHT - Aktiv im Thema

ichbinarmutsbetroffen.start.page | Die basisdemokratische und linke Bewegung erwartet von der Politik, die Armutsfrage ernst zu nehmen.
dishwasher-magazin.de | Das „Magazin von und für Arbeiter*innenkinder“ gibt denen eine Stimme, die aufgrund ihres „tatsächlichen, vererbten“ oder „zugeschriebenen sozialen Status benachteiligt, diskriminiert und entwürdigt“ werden.
bodoev.org | Seit fast 30 Jahren klärt der Verein mit seinem in Dortmund und umliegenden Städten verteilten Straßenmagazin in über die Belange armer und obdachloser Menschen auf.

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Leo Thomann

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