Wir
USA 2019, Laufzeit: 120 Min., FSK 16
Regie: Jordan Peele
Darsteller: Lupita Nyong'o, Winston Duke, Elisabeth Moss
>> upig.de/micro/wir
Horror-Drama
Das Ich in Dir
„Wir“ von Jordan Peele
Adelaide (Lupita Nyong'o) und Gabe (Winston Duke) fahren mit ihren zwei Kindern ins Ferienhaus bei Santa Cruz. Die Stimmung ist ausgelassen und harmonisch, die Kinder spielen, Daddy witzelt. Doch als man zum Strand will, verschließt sich Adelaide: Sie selbst verbrachte als Kind einen Urlaub mit ihren Eltern dort und erlebte Dinge, die sie bis heute traumatisieren. Doch für den Familienfrieden überwindet sie für einen Tag ihre Angst, und man trifft sich mit einer befreundeten Familie am Meer. Als es aber dunkel wird, bekommt die vierköpfige Familie unerwarteten Besuch – von einer vierköpfigen Familie. Die ist vertrauter als erwartet, nur ist dies alles andere als ein Freundschaftsbesuch.
Jordan Peele begeisterte 2017 Genre- und Arthouse-Fans gleichermaßen mit seinem Drama „Get Out“, in dem er grenzüberschreitend Horror mit gesellschaftskritischer Brisanz vereinbarte. Ähnlich verhält es sich nun auch mit „Wir“: Genreaffin bewegt sich Peele, mitunter derbe blutig, durch allerlei Irrungen und Wirrungen, setzt aber nicht bloß auf den schnellen Schreck, sondern vor allem auf den Nachhall, der sein Publikum über den Kinobesuch hinaus verfolgt. In „Get Out“ galt sein Augenmerk dem Rassismus. Diesmal geht es hautfarbeübergreifend um den Menschen an sich und, im Speziellen, um den Amerikaner. Mehr wollen wir hier nicht spoilern. Wohl aber verkünden, dass auch dieses Horror-Drama lohnt.
Allerdings: mit Einschränkungen. Auch wenn sich Peeles Potenzial mit „Get Out“ offenbart hat, muss er aufpassen, dass er vor lauter Ambition nicht den Überblick verliert. Zum einen, indem er den Subtext greifbar hält. Zum anderen im Hinblick auf den Spannungsbogen: Während der Zuschauer in „Get Out“ von der ersten Filmminute miträtseln konnte, liefert „Wir“ in den ersten zwei Dritteln klassischen Home Invasion, um erst auf den letzten Metern die große Wendung aus dem Hut zu zaubern. Ansonsten funktioniert auch „Wir“, wie schon „Get Out“, als bloßer Horrorfilm. Allerdings sollten auch dem Hirn-aus-Film-rein-Besucher diesmal so manche Logiklöcher nicht entgehen. Und schließlich ist da noch der Humor, der vor allem durch die Figur Kitty Tyler (Elisabeth Moss) wundervoll durchbricht, während Familienvater Winston auch in den bedrohlichsten Situationen wieder und wieder flotte Sprüche raushaut, dass es auf keine Kuhhaut geht.
Doch trotz derlei kleiner Mankos liegt auch dieses Werk weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Produktionen, wobei man sich fragen muss: Was ist hier überhaupt vergleichbar – und das schon macht Peele ja besonders. Handwerklich bleibt die Angelegenheit rundum souverän, besonders hervorzuheben sei hier der Schnitt (Nicholas Monsour). Und so inszeniert Jordan Peele diesmal in Sachen Humor auch mal plump und präsentiert sich insgesamt nicht ganz so subtil wie beim Vorgänger, bleibt aber weiterhin aufregend visionär. Weitermachen!
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