Tschick
Deutschland 2016, Laufzeit: 93 Min., FSK 12
Regie: Fatih Akın
Darsteller: Anand Batbileg, Tristan Göbel, Nicole Mercedes Müller
>> www.tschick-film.de
Jugend-Roadmovie
Alter Finne!
„Tschick“ von Fatih Akin
„Tschick war ein Assi“, sagt Maik. Doch die beiden 14-jährigen Schüler haben eins gemeinsam: Sie sind in der Schule die Außenseiter. Dann, in den großen Ferien, steht Tschick bei Maik mit einem gestohlenen Lada vor der Tür und nimmt ihn mit auf große Fahrt durch Ostdeutschland. Der Schriftsteller Werner Herrndorf (1965-2013) erzählte von dieser abenteuerlichen Reise in seinem gefeierten Roman. Fatih Akin bringt das Buch nun auf die Leinwand. Und das gelingt ihm ausgesprochen gut.
Mit Drive und poetischem Händchen begleitet der Regisseur seine beiden Helden, das vernachlässigte Kind reicher Eltern und den russischen Spätaussiedler mit der Wodkaflasche im Ranzen, durch die Provinz. Eine Fahrt durch Maisfelder, Dörfer und Wälder, auf der sie Erwachsenen begegnen. Gejagt von der Polizei, begleitet von der eigenwilligen Isa. Eine Fahrt, auf der die Außenseiter die Könige der Welt sind. Auf der sie wachsen. Auf der sie Freiheit erleben. Auf der sie leben.
Es ist so enorm erfrischend, wie Fatih Akin die Schwere seiner letzten Regiearbeit („The Cut“) ablegt und sich mit Leichtigkeit diesem Projekt widmet. Wie er mit „Tschick“ einen Schülerfilm dreht, der durchdeklinierte Mainstreamhits wie „Fack Ju Göhte“ mühelos auf die Plätze verweist. Der nicht bloß cool und Quatsch ist, sondern cool und tief. Der nicht bloß kichernd den Zeitgeist bedient, sondern ein Lebensgefühl spiegelt. Der nicht bloß Spaß macht, sondern auch berührt. Weil hier so ziemlich alles stimmt: Musik, Tempo, Rhythmus, Bildsprache, Spiel. Und natürlich Vorlage und Drehbuch. Man mag Anand Batbileg (Tschick) gelegentlich anmerken, dass er als Darsteller debütiert. Zugleich aber ist er, ebenso wie Tristan Göbel in der Rolle Maiks, als Typ großartig besetzt. Man wundert sich vielleicht über Isa, die im Roman gleichaltrig ist, hier aber wirkt wie eine Zwanzigjährige. Mercedes Müller („Wege zum Glück“, „Die Wilden Hühner und das Leben“) verkörpert das Mädchen, deren Spiel in den lauten Momenten aufgesetzt, in den ruhigen aber wundervoll anrührend wirkt. Aber irgendetwas findet man ja immer, wenn man will. Und hier sind es bloß Kleinigkeiten, die das Gesamtbild nicht trüben.
„Tschick“ ist weit mehr als bloß ein Lausbubenstreich und verortet in der Tradition von Dramen wie „Nordsee ist Mordsee“ von 1976, ein ungleich schwerer Jugendfilm, der aber ebenso von zwei Schülern erzählt, von einem Lebensgefühl und vom Abhauen. Hark Bohm, Autor und Regisseur des Dramas, war am Drehbuch von „Tschick“ beteiligt. Die FSK hatte „Nordsee ist Mordsee“ aufgrund seines rebellischen Gehalts erst ab 16 Jahren freigegeben und den Film somit einem Großteil der Zielgruppe verwehrt. Vierzig Jahre später ist man da wohl weiter. Und somit ist „Tschick“ eine Einladung an alle Ü12-Jährigen, die Kino mal wieder im wahrsten Sinne des Wortes erleben möchten. Die dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft beiwohnen und dem Psycho und dem Assi durch die Pampa folgen möchten. Kongenial augenzwinkernd untermalt übrigens von Richard Claydermans „Ballade pour Adeline“. „Tschick“ ist großes Kino. Traurig, munter, zärtlich, befreiend und sehr lustig. Und so wahr. Alter Finne!
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