Inherent Vice - Natürliche Mängel
USA 2014, Laufzeit: 142 Min., FSK 16
Regie: Paul Thomas Anderson
Darsteller: Joaquin Phoenix, Josh Brolin, Owen Wilson, Katherine Waterston, Reese Witherspoon, Benicio Del Toro, Jena Malone, Maya Rudolph, Martin Short
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Atemberaubend gestalteter Film Noir
Go Away, Hippie!
„Inherent Vice“ von Paul Thomas Anderson
Nach seinen überwältigenden Melodramen „There will be Blood“ und „The Master“ findet Regisseur Paul Thomas Anderson („Magnolia“, "Punch-Drunk Love“) mit seinem neuen Drama mitunter auch wieder zu einer gewissen Leichtigkeit zurück. Erstmals adaptiert der Filmemacher eine Romanvorlage, und zwar das gleichnamige Buch von Thomas Pynchon aus dem Jahr 2009.
Der Krimi versetzt uns zurück ins Kalifornien des Jahres 1970. Doc Sportello (Joaquin Phoenix) ist dauerstoned und arbeitet als Privatdetektiv in Los Angeles. Noch immer trauert er seiner Ex-Freundin Shasta (Katherine Waterston) hinterher, da steht ebendiese bei ihm in der Tür und bittet um Hilfe. Ihr Liebhaber Wolfman (Eric Roberts), ein exzentrischer Immobilienhai, läuft Gefahr, von seiner Gattin entmündigt zu werden. Die Spur führt Doc über eine arische Bruderschaft, einen zwielichtigen Massageclub und ein Zahnarzt-Syndikat hin zu den Machenschaften eines asiatischen Heroinkartells. Ein steiniger Weg, auf dem sich dem Hippie-Ermittler noch ein launischer Polizist mit John-Wayne-Attitüde (Josh Brolin) und das FBI in den Weg stellt.
Paul Thomas Anderson begibt sich ins Genre und inszeniert diesen Krimi zuerst einmal klassisch, sein Film Noir folgt gradlinig der Recherche seines Helden. Als Bereicherung gestaltet sich die Einbettung in die Hippie-Ära, aus der die Hauptfigur entstammt. Mit entsprechender Wahrnehmung und Auffassungsgabe bewegt sich Doc Sportello durchs bürgerliche Milieu, eckt an oder weicht den gesellschaftlichen Anfeindungen auch mal äußerst unterhaltsam aus. Die Bildgestaltung taucht Anderson nicht, wie zuletzt „American Hustle“, in einen saftigen Retrolook, die Trips seines Helden nicht in ausufernde psychedelische Bilderreisen, wie wir sie von Darren Aronofsky („Requiem for a Dream“) kennen. Anderson arbeitet vergleichsweise zurückhaltend mit Filmkorn und Gegenlicht. Doch ist eben auch diese Annäherung jederzeit erhaben. Und während man der Geschichte, den Dialogen und Indizien zu folgen versucht, dämmert einem bald, womit man es hier eigentlich zu tun hat. Nämlich mit großem Kino. Mit einem einvernehmenden audiovisuellen Sog, der die komplexe Story bald sogar zweitrangig erscheinen lässt angesichts dessen, was Anderson hier auf die Leinwand zaubert. Dieser Film Noir nämlich bildet zuvorderst eine kunstvolle Montage von atemberaubenden Begegnungen. Von verdichteten Sequenzen und langen Kameraeinstellungen, die gefüllt werden von einer wundersam intensiven Inszenierung und dem erhabenen Spiel der allesamt großartigen Darsteller. Jede Szene ein Ereignis. Daraus erwächst ein Sog, in dessen Verlauf sich Jonny Greenwoods Soundtrack zunehmend gegen zeitgenössische Lieder durchsetzt. Anmutige Kompositionen, in der sich der Radiohead-Gitarrist psychedelisch der Loungemusik annähert. Anderson hat in Greenwood sein Adäquat als Ausnahmekünstler gefunden, dieser Film ist ihre dritte Zusammenarbeit in Folge.
„Inherent Vice“ bildet einen anregend eigenwilligen Film Noir. Eine einzigartige Komposition, die mal schwermütig, mal leichthändig jenem Doc Sportello folgt, der cooler Schlacks ist, kluger Fuchs und tragischer Verlierer. Und mit diesem Helden weiß Paul Thomas Anderson am Ende nicht nur inszenatorisch, sondern auch emotional zu berühren.
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