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EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Verstager
Foto: Aurore Martignoni

Bessere Konditionen

31. Oktober 2022

EU stärkt Solo-Selbstständige im Theater – Theater in NRW 11/22

Das Ungetüm nennt sich schlicht „Werkvertrag“. Was so unspektakulär daherkommt, ist voller Fallstricke. Nehmen wir an: Ein Schauspielhaus hat bereits das gesamte Ensemble für laufende Produktionen verplant, muss aber noch die Rolle der Gertrud in Shakespeares „Hamlet“ besetzen. Es werden Vorsprechen abgehalten, man entscheidet sich für eine freiberufliche Schauspielerin. Sie bekommt einen „Werkvertrag“, gültig nur für diese Produktion. Weil die Verhandlungsmacht einer freiberuflichen Schauspielerin aufgrund des Verbots gewerkschaftlicher Vertretung eher klein blieb, waren dem Dumping von Honorar und Arbeitsbedingungen Tür und Tor geöffnet.

Damit könnte nun Schluss sein. Die EU hat Ende September neue Leitlinien verabschiedet, wie das EU-Wettbewerbsrecht auf Solo-Selbstständige anzuwenden ist. Weil diese bisher als Unternehmen galten, durften sie sich aus kartellrechtlichen Gründen nicht zusammenschließen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Verstager machte nun deutlich: „Die neuen Leitlinien sollen Solo-Selbstständigen Rechtssicherheit bieten, indem sie klarstellen, wann ihre Bemühungen, gemeinsam über bessere Konditionen zu verhandeln, wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind.“ Im Klartext: Solo-Selbstständige wie zum Beispiel freiberuflich arbeitende Opernsänger:innen oder Schauspieler:innen, aber auch Regieteams dürfen sich ab sofort gewerkschaftlich zusammenschließen, um bessere Konditionen auszuhandeln. Konkret: Auch für Theater-Gäste sollen in Zukunft die tariflichen Bestimmungen des sogenannten NV-Bühne, des Standard-Tarifvertrags der Theater mit dem künstlerischen Personal, gelten. So jedenfalls wünscht sich das die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA), die umgehend Verhandlungen mit dem Deutschen Bühnenverein als Vertreter der Theater und Kommunen aufnehmen will.

Schon die dürften nicht ganz einfach werden. Noch schwieriger ist allerdings die Beantwortung der Frage, was die EU-Richtlinien für die Freie Szene bedeuten. Hier gelten weder die Tarifverträge der Stadttheater, noch gibt es etablierte tarifliche Gesprächsstrukturen. Viele freie Produktionshäuser zahlen allenfalls den Mindestlohn, Schauspiel- und Regie-Teams wiederum arbeiten mit abenteuerlichen Rechtsformen. Die neue EU-Richtlinie birgt deshalb enorme Sprengkraft für die freie Szene.

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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