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Hauptdarsteller Stipe Erceg und Hannah Herzsprung im Gespräch

„Hell“ – hell wie dunkel

29. September 2011

Tim Fehlbaum, Hannah Herzsprung, Stipe Erceg und Thomas Wöbke im Essener Astra Theater - Foyer 10/11

Essen, 17.9. – Trotz der Parallelveranstaltung „Essen Original“ zog es viele in den Kinosaal des Essener Astra Theaters, um die Preview und ersten Langfilm von Jungregisseur Tim Fehlbaum zu sehen: „Hell“, ein bereits mehrfach ausgezeichneter Genre-Film. Licht aus, Film an, und der Zuschauer wurde von der gleißenden Helligkeit des postapokalyptischen Horrordramas geblendet, in dem Hannah Herzsprung und Stipe Erceg sich durch unwirtliche Landschaften und gegen ungastliche Mitmenschen durchschlagen, auf der Suche nach dem kostbarsten Gut Wasser. Nach 89 Minuten des angespannten Schauens und Sitzens zollte das Publikum dem Film mit Applaus Anerkennung und begrüßte Tim Fehlbaum, der zusammen mit Produzent Thomas Wöbke und den beiden Hauptdarstellern zur Preview erschienen war. Mit Anekdoten zu Cast, Crew und Setting des Films lockerte der Regisseur die beklemmende Stimmung, die noch immer anhielt.

Ein Horrorszenario habe er schon lange im Sinn gehabt, wenn auch mit Zombies und nicht mit einer Sonne, die die Erde verbrennt. Für einen solchen Zombie-Film habe er auch sofort Hannah Herzsprung als Protagonistin angedacht. Thomas Wöbke (u.a. Produzent von „Krabat“), der nach seinem Zombie-Kurzfilm „Am Flaucher“ auf ihn zugekommen sei, habe ihn jedoch von den Zombies abgebracht, und so sei ein postapokalyptisches Drehbuch mit realen Menschen und realen zwischenmenschlichen Beziehungen entstanden. Hannah Herzsprung wollte er allerdings weiterhin als Hauptdarstellerin. Und auf Stipe Erceg sei er gekommen „wegen Hunger und so“, grinste Tim Fehlbaum. Schwieriger war es für ihn, Angela Winkler (u.a. „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“) als Darstellerin für das böse, matriarchale Familienoberhaupt zu gewinnen. Aber nach ein wenig Drängen, einem Grog, der ihn etwas beduselt gemacht hatte, und weil Angela Winkler ihn loswerden wollte, sagte sie ihm zu. Jedoch nur unter der Bedingung, dass ihre beiden Söhne auch ihre Söhne im Film darstellen. „Erst dachte ich, das ist ja ganz schön mafiös, aber dann gefiel es mir immer besser, weil es ja auch im Film um eine Mutter geht, die alles für ihre Söhne tut.“ Besonders interessiert war das Publikum an der Szenerie der verdorrten Landschaft: „Wir haben hauptsächlich zur Osterzeit gedreht, da waren die Bäume noch kahl. Aber es war auch ziemlich kalt für die Schauspieler.“ „Wir haben uns immer eingeredet ‚Boah, ist das warm hier‘, wir hätten den Film am liebsten so genannt“, warf Hannah Herzsprung ein. „Die Bäume haben wir dann schwarz angemalt, keine Angst, wir haben Öko-Sprühkreide benutzt. Ansonsten haben wir in einem Waldbrandgebiet auf Korsika gedreht.“ Ob diese Atmosphäre dauerhaft einen Einfluss auf die Psyche habe? „Auf Korsika war es teilweise schon bedrückend. Aber man kann das nicht alles mitnehmen, dann wird man ja verrückt“, antwortete Stipe Erceg.

Auch ernstere Themen, die den Inhalt des Filmes betrafen, kamen zur Sprache: Dass die Story 2016 angesiedelt ist, sei durchaus bewusst gewählt worden. Man solle nicht das Gefühl haben, dass das alles erst in ferner Zukunft sei und man sich noch keine Gedanken darum machen brauche. Außerdem müsse man dann auch in der Darstellung die entwickelten Technologien beachten. Dennoch sei ein solches Szenario bis 2016 unmöglich, wenn natürlich ein Temperaturanstieg in den nächsten Jahren zu erwarten sei. Wie eine Zuschauerin bemerkte, sei der Film dennoch sehr aktuell, da das Thema der Wasserversorgung immer akuter werde, seitdem private Konzerne damit Politik machen. Besonders kam es für Tim Fehlbaum auf die zwischenmenschliche Komponente im Film an. „Dass wir hier so freundlich zueinander sind, liegt daran, dass es uns so gut geht. Wäre das anders, würde jeder von uns hier den Nächsten als seinen Feind betrachten. Dann wär‘s das mit der Freundlichkeit. So wie im Film.“

Erfreut war er über die Zustimmung aus dem Publikum, die bei einem deutschen Film oft nur schwer zu gewinnen sei. Die Kommentare auf YouTube zu seinem Trailer wären teilweise vernichtend gewesen und hauptsächlich deshalb, weil sein Film keine Hollywood-Produktion ist. Aber er wollte unbedingt einen deutschen Film machen, mit deutschen Bezügen, wie z. B. ja!-Produkten, der für die Zuschauer real wirkt. Wenn „Hell“ gut liefe, könne er doch noch seinen düsteren Zombie-Film drehen. Und ein deutscher Zombie-Film, der eine so beklemmende Wirkung wie „Hell“ hat, ist schon lange überfällig ...

LISA MERTENS

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