 
		David Sieveking, Jahrgang '77, arbeitete bereits als Cutter, Regieassistent und Schauspieler für das Fernsehen, bevor er in Berlin Regie studierte. Nach diversen Kurzfilmen ist „David wants to fly“ sein erster Kinofilm.
trailer: Herr Sieveking, Sie lassen uns mit ihrem Debüt an  ihren Lernprozessen teilhaben: denen als Regisseur, denen als Fan von  David Lynch und sogar denen in ihrer Beziehung. War Ihnen von Anfang an  klar, wie persönlich der Film werden wird?
David Sieveking: Ich wollte von Anfang an einen persönlichen Film machen. Eine rein  thematische Abhandlung über Transzendentale Meditation hat mich nicht  interessiert. Ich wollte die Meditation nicht von außen betrachten,  sondern im Selbstexperiment erfahren. Dass in meinem Film die Beziehung  zu meiner Freundin, der Schriftstellerin Marie Pohl, eine wichtige Rolle  spielen würde, habe ich allerdings anfangs nicht geahnt.
Dieses Prozesshafte im Gegensatz zu dem Perfekten macht den  Charme des Films aus. Wann haben Sie gemerkt, dass der gewundene Weg zum  interessanteren Film führt?
Die Hoffnung, an etwas  Interessantem zu arbeiten, bestand natürlich von Anfang an. Aber als ich  nach über 4 Jahren Dreharbeiten diesem riesigen Materialberg  gegenüberstand, hatte ich meine Zweifel: Wie soll man aus über 300  Stunden teils chaotischen Videoaufnahmen eine spannende Geschichte  herausfiltern? Zum Glück hatte ich einen tollen Kameramann (Adrian  Stähli), und es gab immer wieder Momente beim Dreh, wo wir dachten: Wow,  sowas hat noch keiner gefilmt! Etwa bei Maharishis Verbrennung in  Indien, oder als David Lynch nachts auf dem Teufelsberg in Berlin den  Grundstein für eine Universität der Unbesiegbarkeit legte.
Die Rede vom 'unbesiegbaren Deutschland' von Emanuel  Schiffgens war für mich einer der erschütterndsten Momente. Wie ging es  Ihnen bei diesen Worten?
Erschütternd war für mich nicht die  Wortwahl, ich kannte den TM-Jargon. Mich schockierte die Unfähigkeit,  mit den Reaktionen der Zuschauer umzugehen. Und dass sich Lynch  uneingeschränkt hinter Raja Emanuel stellte. Selbst als dieser sich  völlig verstieg und nach seiner Ansprache auf den Einwurf „Das wollte  Adolf Hitler auch!“ antwortete: „Ja, aber leider hat er es nicht  geschafft, weil er nicht die richtige Technik hatte.“
Hat Ihre Einschätzung von David Lynch als Filmemacher unter Ihren Erfahrungen gelitten, oder können Sie die Privatperson komplett vom Künstler trennen?
Ich achte Lynch weiterhin als Regisseur, er bleibt für mich einer der ganz großen Filmkünstler. Als spirituelle Leitfigur habe ich allerdings weniger Respekt. Man muss da trennen zwischen seinem Rang im künstlerischen Bereich und seiner Kompetenz als Meditationsexperte.
Ihr unkritisches Fantum ist jetzt erschüttert. Hat sich aus dem Film eine  grundsätzliche Arbeitshaltung ergeben?
Ich  werde sicher nicht gleich dem nächstbesten Promi hinterherlaufen, in  der Hoffnung, mein Leben zu verbessern und den Weltfrieden zu erreichen.  Aber grundsätzlich interessieren mich Filme mit einem  unvoreingenommenen Blick mehr, als wenn man von vorneherein etwas  verurteilt und das dann nur zu bestätigen sucht. Spannend ist es doch  besonders, wenn sich eine Ansicht oder eine Haltung entwickelt.
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