„Der Mensch denkt und Gott lenkt, und der Krug geht so lange zum Wasser, bis er bricht.“ Das ist die berühmte Moral der Geschichte von Franz Biberkopf, der vergeblich versucht, ein anständiges Leben zu führen. Der deutsch-afghanische Regisseur Burhan Qurbani hat die Handlung von „Berlin Alexanderplatz“ ins Heute verlegt und fast ist es so, als hätte sich nichts geändert. Die Ausgestoßenen und Armen sind jetzt Migranten wie Francis, der im Auffanglager unter die Fuchtel der Drogenmafia gerät. Mit Reminiszenzen an die berühmte Fassbinder-Adaption von 1980 inszeniert Qurbani mit traumwandlerischer Sicherheit. Mieze (Jella Haase) und Reinhold (Albrecht Schuch) ziehen einen bedingungslos in die Handlung, während Welket Bungué als verletzbarer Francis auf eine Welt sieht, die er nicht verstehen mag.
Tyler (Kelvin Harrison Jr., „12 Years a Slave“) ist beliebt an seiner Schule. In der Ringermannschaft ist er der Star, zusammen mit seiner hübschen Freundin (Alexa Demie) sind sie dort das Vorzeigepaar. Auch Tylers Vater (Sterling K. Brown, „Black Panther“) ist mächtig stolz auf seinen Sohn. Der Vater hat es aus eigener Kraft zu respektablem Wohlstand gebracht. Von Tyler und seiner jüngeren Schwester Emily (Taylor Russell) erwartet er den gleichen Ehrgeiz, der ihm seinen Wohlstand gebracht hat. Als ein Arzt Tyler nach heftigen Schmerzen in der Schulter dringend vom Training abrät und zu einer Operation rät, verschweigt er das seinem Vater und macht einfach weiter. Doch der Druck wirft ihn zunehmend aus der Bahn. Als auch noch seine Freundin mit einer für ihn sehr unangenehmen Nachricht kommt, läuft sein Leben endgültig aus dem Ruder und Tyler begeht einen fatalen Fehler. Der in einen dynamischen und einen ruhigeren Teil zerfallende „Waves“ ist der dritte Kinofilm von Regisseur Trey Edward Shults, der seine Karriere als Praktikant bei Terrence Malick begann.
Vor zehn Jahren begann der seit 1973 im französischen Exil lebende chilenische Regisseur Patricio Guzmán eine Trilogie, die seine alte Heimat erkundet – stets im Blick auf die Schrecken der Pinochet-Diktatur und deren Folgen. Während er in Fünfjahresabständen im ersten Teil „Heimweh nach den Sternen“ das Suchen nach den ‚Verschwundenen‘ mit der Suche in der Wüste nach Sternen am Firmament vergleicht und im zweiten Teil „Der Perlmuttknopf“ nach den im Ocean ertränkten Regimegegnern sucht, denkt er nun, in „Die Kordillere der Träume“, mittels der die Hauptstadt umschließenden Anden über vergessene Zeiten und anhaltende Folgen der Diktatur nach. Die poetischen Momente wirken nie ästhetisierend, sondern schaffen Raum für ein tiefes Verständnis für die gesellschaftlichen Folgen der unaufgearbeiteten Gräuel in Chile.
Die Sehnsucht nach dem Mittelmeer mag die fiktive Regisseurin Mika (Sandra Hüller) motiviert haben, sich als Drehort die Insel Stromboli auszusuchen. Urlaubsstimmung kann jedoch nicht aufkommen. Unter der heißen Sonne spielt sich ein libidinöses Psychodrama ab: zwischen der Regisseurin, der Schauspielerin Margot (Adèle Exarchopoulos) und dem Schauspieler Igor (Gaspard Ulliel), Partner von Mika und Lover von Margot, die noch dazu beide in Mikas Film ein Liebespaar spielen sollen. Die Nerven liegen blank. Deshalb kommt auch Therapeutin Sibyl (Virginie Efira) auf die Insel, die wiederum Eigenes im Schilde führt: Sie gießt die Seelenbeichte von Margot direkt in einen Roman. Die Fäden sind gelegt, das großartige Spiel der Darsteller bringt die Leidenschaften in Justine Triets „Sibyl – Therapie zwecklos“ zum Pulsieren.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: Christian Klandts Bargeschichte „Leif in Concert Vol. 2“, Marjane Satrapis Biopic „Marie Curie – Elemente des Lebens”, Stefan Westerwelles Straßentanz-Romanze „Into The Beat - Dein Herz tanzt“, Eric Bergkrauts und Ruth Schweikerts Komödie „Wir Eltern“ und Derrick Bortes Wutbürger-Actioner „Unhinged - Außer Kontrolle“.
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