Hinter Europa liegt ein Sommer geprägt von Hitzewellen, Stürmen und einer Hochwasserkatastrophe, die namentlich den Südwesten Deutschlands getroffen hat. Im August 2021 teilte der Weltklimarat mit, dass sich die Erde schneller erwärmt als bisher angenommen. Die Auswirkungen des Klimawandels rücken somit in eine zeitliche wie räumliche Nähe. Vor allem die heutige Jugend bangt um ihre Zukunft, was sich im aktuellen Zulauf zur Essener Fridays for Future-Bewegung zeigt.
Die Ortsgruppe in Essen wurde bereits im Dezember 2018 gegründet. Einst war die Ruhrgebietsstadt größte Bergbaustadt des Kontinents und nach wie vor ist sie ein bedeutender Industriestandort. Viele Großunternehmen aus dem Energie- und Industriesektor haben hier ihren Hauptsitz. Aufgrund der langen Tradition seien die Forderungen der Fridays for Future-Bewegung, insbesondere nach einem schnellen Kohleausstieg, für viele ältere Menschen sehr emotional, erklärt Julian Pannen. Der Student ist seit über zwei Jahren im Organisationsteam der Gruppe tätig: „Hier in Essen können wir allerdings auch mit lokalen Entscheidungen den Klimaschutz wesentlich vorantreiben, und wenn das Ruhrgebiet den Kohleausstieg schafft, wäre das ein Zeichen für die ganze Welt.“
Auch wenn viele Ältere noch an ihren Gewohnheiten hängen, so leben auch die jüngeren Generationen aktuell auf Kosten endlicher Ressourcen. Die Schuld am Klimawandel sieht Pannen daher nicht per se bei den älteren Generationen, sondern in einer verfehlten Politik begründet. Schon früher hätten Politiker:innen Entscheidungen auf die lange Bank geschoben. „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt“, hieß es bereits in den 80er Jahren bei Den Grünen. Der Generationenkonflikt zeigt sich daher für Fridays for Future vor allem auf der politischen Ebene: in einem Klimaschutz, der dabei versagt, die Interessen künftiger Generationen zu berücksichtigen.
Doch innerhalb der Bewegung sind es gerade die Begegnungen zwischen den unterschiedlichen Generationen, die ihren unermüdlichen Motor darstellen. Im Organisationsteam der Essener Gruppe sind zwischen 20 und 25 Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren aktiv. Für Pannen ist es schön zu sehen, wie trotz des Altersunterschiedes auf Augenhöhe diskutiert wird. Und auch verwandte Bewegungen wie die Parents for Future und Scientists for Future unterstützen die jungen Aktivist:innen.
Die Bewegung hat viele Menschen für den Klimawandel sensibilisiert und auch die Covid-19-Pandemie konnte den Protesten keinen Abbruch tun. Stattdessen wurden künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten gefunden und Online-Aktionen durchgeführt. „Wir hören auf die Wissenschaft, wenn es darum geht, die Jüngeren zu schützen. Jetzt war es an der Zeit, die Älteren zu schützen“, erklärt Pannen die Entscheidung. Trotz ihrer Popularität tut sich die Bewegung schwer, auf politischer Ebene Gehör zu finden. Dieses Jahr endet die letzte Legislaturperiode Angela Merkels. Schon im Vorfeld der Bundestagswahl hat Fridays for Future auf die Bedeutung der Wahl aufmerksam gemacht. „Damit die Politiker:innen sich nicht auf ihren Versprechen ausruhen, sondern den Klimawandel als Priorität anerkennen“, versichert Julian Pannen, „werden wir weiterhin laut sein.“
DEUTSCHLAND OHNE GRÖSSENWAHN - Aktiv im Thema
dbjr.de/xtra/wahlaltersenken | Initiative des Deutschen Bundesjugendrings zur Senkung des Wahlalters, damit Jugendliche konsequent ihre Interessen politisch vertreten können.
parentsforfuture.de | Bündnis erwachsener Menschen, angelehnt an und solidarisch mit der Jugendbewegung Fridays for Future.
stiftung-klima.de/de/studie/ | Die Studie legt offen, inwieweit die Wahlprogramme von Union, SPD, Grünen und FDP geeignet oder nicht geeignet sind, Klimaneutralität zu erreichen.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@trailer-ruhr.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Macht ja, Verantwortung nein
Intro – Deutschland ohne Größenwahn
Alles bei(m) Alten
Generationenkonflikt in Zeiten globaler Krisen – Teil 1: Leitartikel
„Zur Lösung braucht es auch die ältere Generation“
Der Kultursoziologe Clemens Albrecht über den Generationenkonflikt in Deutschland – Teil 1: Interview
Nazi-Kontinuum BRD
Der Begriff „Stunde Null“ kaschiert den nicht vollzogenen Bruch mit der NS-Zeit – Teil 2: Leitartikel
„Ein Genozid vor dem Genozid“
Historiker Jürgen Zimmerer über Deutschlands Aufarbeitung der NS-Diktatur – Teil 2: Interview
Für den Frieden kämpfen
Die Deutsche Friedensgesellschaft setzt auf Gewaltlosigkeit und weltweite Gerechtigkeit – Teil 2: Lokale Initiativen
Ran an den<s>Feind</s>Frieden!
Vom Zweifel und von der Macht der Sprache – Teil 3: Leitartikel
„Deutschland ist gespalten“
Die Sozialpsychologin Beate Küpper über gesellschaftliche Ausgrenzung und Aggression – Teil 3: Interview
Kultur von allen, für alle
Utopiastadt im Wuppertaler Quartier Mirke – Teil 3: Lokale Initiativen
Neue Geschichten, alte Schatten
Die Niederlande wagen den kritischen Blick auf die blinden Flecken ihrer kolonialen Vergangenheit – Europa-Vorbild: Niederlande
Teutonisches Kopfnicken
Auf der Suche nach einer Identität zwischen Verbrechen und Klischees – Glosse
Demokratische Bildungsbürger
Die Freie Universität Oberhausen – Teil 1: Lokale Initiativen
Eigene Bedürfnisse kennen und ausdrücken
Kölner Verein Fair.Stärken hilft Kindern – Teil 2: Lokale Initiativen
Was man aus dem Alter macht
Die ZWAR-Gruppen der Wuppertaler AWO – Teil 3: Lokale Initiativen
Tampons für alle
Kostenlose Menstruationsartikel an der Ruhr-Uni Bochum – Teil 1: Lokale Initiativen
Rücksicht auf den Monatszyklus
Zu Besuch im Kölner Concept Store Le Pop Lingerie – Teil 2: Lokale Initiativen
Wenn alle monatlich Grippe hätten
Medienprojekt Wuppertal klärt über Menstruation auf – Teil 3: Lokale Initiativen
Nicht nur Biene Maja
Mülheimer Verein Wilde Biene kämpft für Insektenschutz – Teil 1: Lokale Initiativen
Auf Sand gebaut
Kölner Architekt Thorsten Burgmer über nachhaltiges Bauen – Teil 2: Lokale Initiativen
Solidarisch selbstversorgt
Permakulturhof Vorm Eichholz in Wuppertal – Teil 3: Lokale Initiativen
Gegen die soziale Kälte
Duisburger Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“ – Teil 1: Lokale Initiativen
Perspektiven gegen Armut
Das Herner Sozialforum – Teil 1: Lokale Initiativen
Wirtschaft für alle
Die Gruppe Gemeinwohl-Ökonomie Köln-Bonn – Teil 2: Lokale Initiativen
Für eine Kindheit ohne Armut
Die Diakonie Wuppertal – Teil 3: Lokale Initiativen
Bürger und Arbeiter stärken
Die Romero-Initiative unterstützt Zivilgesellschaften in Mittelamerika – Teil 1: Lokale Initiativen