Dass der Mensch ein Algorithmus sei, eine ausrechenbare Datenmaschine, besagt ein neuer Mythos. Er legt nahe, menschengleiche Maschinen entlasteten den Menschen einst von Mühsal und Ungerechtigkeit. Eine zwiespältige Vision. Die datengetriebene Reduktion des Menschen auf seine Rolle als Konsument prägt fatal die Welt, und Technik, die diese Manipulation weiter raffinieren kann, wäre verhängnis-, nicht verheißungsvoll. Der Fortschritt Künstlicher Intelligenz (KI) und der Streit darum darf nicht Industrie, Wissenschaft und Politik vorbehalten bleiben, zu gravierend sind die Auswirkungen, zu gravierend auch die Chancen, tatsächlich etwas zum Besseren zu wenden – für alle, nicht für einzelne Profiteure. Nun lehrt die Erfahrung, dass Innovationen dazu führen, Konflikte zu verlagern oder zu verschärfen, nicht dazu, sie zu lösen.
In unserem Monatsthema ROBOTERLIEBE fragen wir, wie damit umzugehen ist,
wenn intelligente Maschinen selbstverständlich werden. Unsere Leitartikel beobachten, wie Maschinen zunehmend menschliche Partner ersetzen, decken auf, welches Gerechtigkeitspotential in der digitalisierten Arbeitswelt liegt und raten, bei aller Technikbegeisterung nicht den „Risikofaktor Mensch“ zu vernachlässigen.
In unseren Interviews wagt der Technikphilosoph Oliver Bendel einen Blick in eine Zukunft, in der Androiden zum Verwechseln Menschen ähneln, der Robotik-Experte Alin Albu-Schäffer erklärt, wann Menschen bereit sind, Roboter in ihrem Leben zu akzeptieren und der Mobilitätsberater Jörn Meier-Berberich wägt ab, welche Sicherheitsrisiken und -potentiale die KI birgt.
An der Kölner Uni erfahren wir, wie Forschung dazu beitragen soll, die Gesellschaft mündiger im Umgang mit der Digitalisierung zu machen, an der Bochumer Uni, wie ein Projekt erforscht, was es braucht, damit KI in der Arbeitswelt akzeptiert wird und an der Wuppertaler Uni, wie ein interdisziplinäres Zentrum die Sicherheit von KI-Systemen erforscht.
Auch der Traum von der Unsterblichkeit wird durch die Annäherung von Mensch und Maschine aktualisiert, wenn Androiden als erneuerbare Container menschlichen Bewusstseins ins Spiel gebracht werden. Das ist Science-Fiction – was nicht heißt, dass es nicht ernst genommen würde; man denke an die alte Idee, sich nach dem Dahinscheiden mittels Einfrieren für eine bessere Zukunft bereit zu halten. So einer privilegierten Gemeinschaft begegnet der Protagonist in Hannes Waders 1974 veröffentlichtem „Talkin-Böser-Traum-Blues“, der sich unverhofft in einer zugrunde gerichteten Welt wiederfindet.
Er beschwört den Widerstand gegen eine dünkelhafte Klasse, die Technik auf Kosten anderer missbraucht. Science-Fiction hin oder her: Die Warnung war nie angebrachter als heute, angesichts einer Technik, deren Heilsversprechen so sehr beeindrucken wie ihr Missbrauchspotential.
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