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Freut sich auf kleine verrückte Spitzen im Jahr 2016: Lisa Mertens
Foto: Presse

Das war das Jahr...

22. Dezember 2015

Kuschelige Kontinuität mit verrückter Würze – Vorspann 01/16

Das war das Jahr 2014: Maidan und die Krim, Boko Haram, Bürgerkrieg in Syrien, Gaza-Krieg, IS und Kobane, Hogesa und Pegida, Eurokrise, Flüchtlinge. Das war das Jahr 2015: Flüchtlinge und „Wir schaffen das“, Charlie Hebdo und Bataclan, IS und die Internationale Allianz, Bürgerkrieg in Syrien, Minsk II, drohender Grexit, Pegida und Heidenau, Bundeswehreinsatz in Syrien, Flüchtlinge und Obergrenzen. Aus dem Krisenjahr 2014 wurde das Krisenjahr 2015 mit alten, schwelenden, immer wieder neu ausbrechenden oder sich verschärfenden Konflikten. Nicht zu vergessen die Konflikte, die wir vergessen angesichts mangelnder medialer Spotlights. Wir können nur schließen: Unsere Welt ist verrückt. Leider nicht positiv verrückt. Sondern mit wahnsinniger Kontinuität.

Im Kontrast dazu stand das Kinojahr 2015: Dem Verrückten entzog es sich, der Kontinuität dagegen verpflichtete es sich. Jedoch ohne den Wahnsinn. Die zweite Auflage von „Fack ju Göhte“ spülte ganz nach Erwarten die Massen in die Kinos und darf sich nun damit brüsten, das erfolgreichste Startwochenende eines deutschen Kinofilms hingelegt zu haben. Jennifer Lawrence schloss die Mockingjay-Reihe in einem großen Finale mit vielen, vielen Zuschauern ab, die Reaktivierung der Jurassic-Klassiker zahlte sich ebenso aus wie die Verfilmung des unglaublich erfolgreichen Schwülsterotik-Irgendwas „Fifty Shades of Grey“ und das Marvel Cinematic Universe Franchise zog mit „Avengers 2“ routiniert die Fans, sodass es die 1-Milliarde-Grenze an den weltweiten Kinokassen knackte. Dass das nach Redaktionsschluss startende „Erwachen der Macht“ ohnehin alle Rekorde sprengen wird – geschenkt.

Feiert das Kino sich mit aufgewärmten, alten Erfolgen nur noch selbst? Einheitsbrei statt Nektar? Tatsache ist, dass diese Filme dem Kino einen solchen Erfolg beschert haben, dass es den Unkenrufen um das sterbende Kino zum Trotz für das Jahr 2015 ein Besucherwachstum verzeichnen darf. Tatsache ist auch, dass all die Filmreihen und Fortsetzungen (meist) fantastische Stories erzählen. Geschichten, die uns wie Abhängige in den Kinosälen bannen. Doch es gab 2015 auch kleine, wahnwitzige Peaks mit neuen, unverbrauchten Ideen. Sebastian Schipper überzeugte mit seiner 140-minütigen Kameraeinstellung „Victoria“ technisch wie auch erzählerisch. „A Girl Walks Home Alone“ verschaffte uns einen Genremix, der die mangelnde Verrücktheit Lügen strafte. Und mit dem „Brandneuen Testament“ erhält das Verrückte gerade ohne Abstriche wieder Einzug in die Kinosäle. Das positiv Verrückte.

Wenn wir nach vorne schauen auf das Jahr 2016 erwartet uns Kontinuität mit alten Bekannten wie Batman und Superman, Captain America, den X-Men, Alice im Wunderland, Snow White und dem Kung Fu Panda. Aber auch Verrücktes wird die Kuscheldecke der Kontinuität durchbrechen. Gleich im Januar schreiben sich das sweetSixteen in Dortmund und das Endstation in Bochum das Verrückte ganz explizit auf die Fahne, wenn sie zum Festival „Stranger Than Fiction“ einladen. In diesem Sinne: Auf ein tolles Kinojahr 2016 mit guten alten Bekannten und einer Prise Verrücktheit! Und dass wir nach dem nächsten Jahresrückblick über die Welt urteilen: mehr positive Verrücktheit, weniger wahnsinnige Kontinuität.

Lisa Mertens

Lisa Mertens

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